Vertrauen bindet: Der Zusammenhalt jeder Vertragsbeziehung

igenda FACHMAGAZIN
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12.12.2014

Kann man alle potenziellen Gefahren für Auseinandersetzungen klar in einem Vertrag regeln? Franchise-Verträge laufen sehr lang, kann man so weit in die Zukunft schauen? Oder bildet Vertrauen eine wichtige Grundlage des Vertrages? forSYSTEMS hat den Rechtsanwalt Günter Erdmann zu diesem schwierigen Thema befragt.

Gerade bei einem Franchise-Vertrag, der auf Langfristigkeit angelegt ist, geht es darum

  • im Vorfeld,
  • bei Abschluss und
  • während der gesamten Laufzeit,
  • aber auch bei Beendigung des Vertrages

Vertrauen aufzubauen und Vertrauen in Anspruch zu nehmen und immer wieder neu zu beleben.

Vertrauen wird definiert als subjektive Überzeugung von der Richtigkeit, der Wahrheit und der Redlichkeit von Personen, von Handlungen, von Einsichten oder Aussagen, aber auch von Institutionen, Gesellschaften und sogar Marken, die Vertrauensbotschaften aussenden sollen oder können.

Wer sich mit Fragen aus Anlass des Abschlusses  von Franchiseverträgen auseinandersetzt und hierzu zum Beispiel die in der Verantwortung stehenden Franchise-Manager befragt, wird sehr schnell damit konfrontiert, dass die ersten Gesprächspartner, Verhandlungsführer und letztendlich auch diejenigen, die die Verträge schließen, meist damit konfrontiert werden, dass auch in sie persönlich – und häufig unabhängig von dem Unternehmen, das sie repräsentieren – Vertrauen gesetzt wird.

Deshalb gelten im Franchising – wie auch in anderen Bereichen – folgende Merksätze:

  • Was mündlich oder schriftlich zugesagt wird, muss eingehalten werden.
  • Was im Vertrag steht, muss existent und nachvollziehbar sein.
  • Leistungsversprechen sind keine leeren Worthülsen, sind einzuhalten und zu erfüllen.
  • Finanzielle Verpflichtungen und alle sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden wirtschaftlichen Dispositionen sind klar zu definieren und einzuhalten.

Gerade im mündlichen Bereich und im Vorfeld eines zu schließenden Vertrages gibt es häufig - unbeschadet des Inhaltes eines vorvertraglichen Aufklärungsdokumentes – zahlreiche Gespräche und Informationen, die vertrauensbildend sind und die im Einzelfall auch zu wechselseitigen Verpflichtungen führen können.

Auf diesen vorvertraglichen Bereich möchte ich allerdings im Rahmen dieser Betrachtung nicht das Augenmerk legen, sondern vielmehr auf alle anderen Bereiche und Sachverhalte nach Abschluss des Vertrages.

Gleichwohl strahlen natürlich die gesamten schriftlichen und mündlichen Aussagen aus dem Vorfeld eines Vertrages auf das aus, was während der Vertragslaufzeit erbracht, gezeigt oder gelebt werden soll.

Im Falle aktueller Franchisesysteme, die von falschen Zusagen und wirtschaftlichen Verantwortungslosigkeiten geprägt sind und die letztendlich den Weg in die Insolvenz antreten, lässt sich ableiten, dass gerade Franchisenehmer als Existenzgründer mehr auf das vertrauen, was ihnen im Vorfeld des Vertrages gesagt wurde. Und leider häufig nicht oder eher zu ungenau auf das achten und analysieren, was Wort für Wort in einem Dokument oder im Vertrag selbst nachzulesen steht. Hierfür mag manchmal auch die Wortwahl und der Umfang heutiger Vertragswerke eine Rolle spielen.

Gegebene Zusagen aus dem Vorfeld des Vertrages, insbesondere auch zur wirtschaftlichen Perspektive der Leistungsverpflichtungen im System müssen sich im Vertragswerk widerspiegeln. Das Franchisesystem ist eben – konkret und nicht in Allgemeinplätzen - in seinen Grundlagen im Franchisevertrag abzubilden.

Ein wesentlicher Kernpunkt eines jeden Franchisevertrages ist die sogenannte Systembeschreibung, die sich meistens in der Präambel oder der Vorbemerkung wiederfindet. Gerade hier zeigt sich häufig, dass immer wieder vollmundige Anpreisungen über Inhalt, Bedeutung, Tragweite und Verbreitung des Systems gemacht werden, die mit der Realität nicht in Einklang zu bringen sind. Deshalb ist auch in diesem Bereich unter Vertrauensgesichtspunkten Zurückhaltung angesagt und das System - soweit es nicht schon einen hohen Bekanntheitsgrad oder eine Marktdurchsetzung erreicht hat – sachlich richtig sowie „wahrhaft“ und „redlich“   zu beschreiben.

Ein weiterer zentraler Baustein eines jeden Franchisesystems des dazugehörigen Vertrages sind die Leistungsverpflichtungen, hier insbesondere der sogenannte Leistungskatalog, der im Einzelnen die vom Franchisegeber zu erbringenden  -einmaligen oder dauerhaften- Leistungen aus Anlass der Betriebseröffnung und während der Gesamtlaufzeit des Vertrages beschreibt.

Auch hier gilt: Diese Leistungen müssen nicht nur zugesagt, sondern auch erbracht werden. Sie sind mit Inhalt zu erfüllen und zwar mit solchen, der für das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Rahmen des Franchise-Vertrages und die Anwendung des Franchise-Systems wichtig und bedeutend sind.

Diese Leistungsversprechungen müssen klar definiert und auch in den Verantwortlichkeiten eindeutig beschrieben werden. Soweit zu erbringende Leistungen die Einbeziehung des Franchisepartners erforderlich machen, ist dies im Einzelnen auch zu beschreiben und hinsichtlich Art und Umfang festzulegen. Nichts ist schlimmer als im Rahmen der laufenden Vertragsbeziehung festzustellen, dass Wichtiges oder Erforderliches nicht geregelt ist und vom Franchise-Partner Dinge erwartet werden, von denen er keine Kenntnis hatte. Es muss ja nicht alles im juristisch geprägten Vertragswerk stehen, vielmehr kann auch das Handbuch/Manual   der richtige Platz und Ort sein, wo die wechselseitigen Verpflichtungen und Handlungsanweisungen konkret und nachvollziehbar für den Franchise-Partner beschrieben werden.

Zu jedem Franchisesystem gehören Zahlungsverpflichtungen hinsichtlich laufender Gebühren einschließlich Werbe- und Marketinggebühren, Eintrittsgebühren, Lizenzgebühren, Schulungskosten einschließlich Aufenthaltskosten und manchmal vieles andere mehr. Wichtig hierbei ist nur, dass auch hier sich   die im Vorfeld des Vertrages gemachten Angaben mit den finanziellen Leistungsverpflichtungen aufgrund des Vertrages decken und der Vertrag selbst alle Leistungsverpflichtungen abschließend bezeichnet bzw. klar legt, dass es möglicherweise noch andere und welche Leistungsverpflichtungen des Franchisenehmers gibt. Hilfreich kann manchmal die Zusammenfassung dieser Leistungsverpflichtungen auf „einer separaten“ Seite sein, weil dies Klarheit und Transparenz schafft. Anders als eine Vielzahl von vertraglichen Regelungen, die sich meist noch an verschiedenen Stellen des Franchise-Vertrages befinden. Und das Risiko in sich bergen aus dem Gesichtspunkt der Intransparenz auf dem gerichtlichen Prüfstand zu stehen,

Der Franchise-Partner muss jedenfalls bei Abschluss des Franchisevertrages im Sinne des „investierten Vertrauens“ Klarheit darüber haben, welche Verpflichtungen auf ihn zukommen. Leistungs- und Zahlungsverpflichtungen, die sich erst aus der Anwendung des Systems und möglicherweise Regelungen im  Handbuch oder aus anderen Verträgen, manchmal auch mit dritten Dienstleistern ergeben, sind keineswegs vertrauensfördernd und führen in der Regel zu schweren Krisen, die möglicherweise in einer Vertragsbeendigung oder gerichtlichen Auseinandersetzungen münden.

Aber selbst  für den Fall, dass es zu streitigen Auseinandersetzungen oder widerstreitenden Auffassungen in Einzelfragen kommt, sollte im Sinne eines fortwirkenden Vertrauens klar geregelt sein, wie die „vertrauensvolle Zusammen­arbeit“ auch im Falle des Auseinandergehens aussieht. Exakte Regelungen über Kündigungsgründe, Kündigungsfristen, Abmahnungen und die Konsequenzen daraus schaffen nicht nur Klarheit, sondern letztendlich auch das Vertrauen darin, dass es im Falle des Auseinandergehens nachvollziehbare und klare Regelungen darüber gibt, wie sich die Parteien voneinander trennen.

Im Sinne einer nachwirkenden Vertrauensverpflichtung sollte es auch klare Regelungen über das anwendbare Recht, den Gerichtsstand und eine Bezugnahme auf sonstige relevante Regelungen wie Allgemeine Geschäftsbedingungen und sonstiger Verträge geben. Gerichtsstand- und Rechtswahlklauseln sind gerade im internationalen Bereich von fundamentaler Bedeutung und sollen klarstellen, welches Recht und welches Gericht für einen Streit zuständig sein soll. Vertrauen schaffen hier insbesondere solche Regelungen, die als konsensuale und alternative Konfliktlösungsmethoden – alternative dispute resolution – Eingang in die Vertragspraxis ge­funden haben, insbesondere Mediations- und Schlichtungsverfahren.

Gerade Mediationsverfahren können im Falle der erfolgreichen Durchführung dazu führen, dass wiederum Vertrauen neu gewonnen wird und zerstrittene Parteien manchmal zu dem Ergebnis kommen, dass es doch sinnvoll sein kann, das Vertragsverhältnis fortzusetzen.

Zerstörtes Vertrauen, kann darüber hinaus eben auch zu einem sehr späten Zeitpunkt wieder gewonnen oder auf eine neue Basis gestellt werden.

All dies mögen Erwägungen sein, die fernab einzelner juristischer Fragestellungen zu diskutieren und zu einer Lösung für ein erfolgreiches System heranzuziehen sind.

Doch im Zweifel mag auch Folgendes gelten:

Wenn man einem Menschen trauen kann, erübrigt sich ein Vertrag.
Wenn man ihm nicht vertrauen kann, ist ein Vertrag nutzlos.
(Jean Paul Getty)