„Franchising wird weiter an Bedeutung gewinnen“: Interview mit Andreas Haider über die Entwicklung des Franchisings in Österreich

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12.09.2014

Andreas Haider ist seit 2011 Geschäftsführer der österreichischen Handelsgesellschaft UNIMARKT und steht seit Sommer vergangenen Jahres als Präsident auch an der Spitze des Österreichischen Franchise-Verbandes (ÖFV). Im forSYSTEMS-Interview spricht Haider u.a. über die Besonderheiten des Franchisings im Lebensmittel-einzelhandel, sein Engagement im ÖFV und die Auswirkungen der zunehmenden Internationalisierung auf den österreichischen Franchise-Sektor.

FORSYSTEMS: Herr Haider, 2011 haben Sie Firmengründer Joseph Mahringer an der UNIMARKT-Spitze als Geschäftsführer abgelöst. Was haben Sie zuvor gemacht und wie sind Sie zu UNIMARKT gekommen?

Haider: Ich bin seit mittlerweile 25 Jahren in der Pfeiffer Handelsgruppe tätig. Zunächst im Bereich Kaufleute-Betreuung, anschließend als Betriebsberater bei Nah & Frisch, einem Zusammenschluss selbstständiger österreichischer Lebensmitteleinzelhändler. Aufgrund des sich verschärfenden Wettbewerbs im Lebensmitteleinzelhandel habe ich dann begonnen, ein Franchisesystem aufzubauen. UNIMARKT gehörte zu dieser Zeit als reines Filialsystem bereits zur Pfeiffer Gruppe. Ich habe versucht, die Stärken der Filialorganisation auf selbstständige Lebensmitteleinzelhändler zu transferieren, mit dem Ziel, dass das Konzept schlussendlich einem selbstständigen Kaufmann vor Ort übergeben werden kann. So ist letztlich das UNIMARKT-Franchisesystem entstanden. Zunächst haben wir das Konzept an zwei Standorten drei Jahre lang pilotiert und haben dann sukzessive weitere Franchisepartner akquiriert.

FORSYSTEMS: Offensichtlich erfolgreich, denn mittlerweile verfügt UNIMARKT in Österreich über insgesamt 130 Standorte. Wie ist das Verhältnis von klassischen Filialbetrieben zu franchisepartnergeführten Betrieben?

Haider: Aktuell werden 43 UNIMARKT-Standorte von Franchisepartnern betrieben, das entspricht ziemlich genau einem Drittel. Der hohe Anteil von Filialbetrieben ist insbesondere auf die Übernahme von Zielpunkt durch die Pfeiffer Handelsgruppe im vergangenen Jahr zurückzuführen, in deren Verlauf wir zahlreiche Zielpunkt-Märkte in die UNIMARKT-Filialorganisation überführt haben. Mittelfristig wollen wir jedoch eine paritätische Verteilung erreichen, bei der es ebenso viele Filialen wie Partnerbetriebe gibt.

FORSYSTEMS: Der Lebensmitteleinzelhandel beruht traditionell auf Filialstrukturen. Welche besonderen Eigenschaften des Lebensmitteleinzelhandels wirken sich auf das UNIMARKT-Franchisekonzept aus?

Haider: Zum einen muss die hohe Sensibilität der Verbraucher im Hinblick auf die Qualität von Nahrungsmitteln berücksichtigt werden. Zum anderen gibt es sehr starke regionale Unterschiede hinsichtlich des Kaufverhaltens der Konsumenten, die bei der Sortimentsgestaltung beachtet werden müssen. 98 Prozent des Sortiments sind in allen Outlets gleich, egal ob Filialbetrieb oder Franchisepartnerbetrieb. Die übrigen zwei Prozent werden jedoch zur Sortimentsdifferenzierung genutzt und machen den entscheidenden Unterschied: Hier haben die Franchisepartner die Möglichkeit, ihr Angebot perfekt an die regionalen Bedürfnisse anzupassen. Eine Besonderheit von UNIMARKT ist weiterhin das Angebot ergänzender Dienstleistungen, wie z.B. Partyservice, mit dem sich die Unternehmer vor Ort als kompetente Ansprechpartner und Problemlöser positionieren können.

FORSYSTEMS: 2011 haben Sie eine Franchisenehmerzufriedenheitsanalyse durchführen lassen und wurden aufgrund der sehr guten Ergebnisse mit dem F&C GOLD-AWARD ausgezeichnet. Die Franchisepartner bewerteten u.a. die Beziehung zum Franchisegeber sehr positiv. Welche Prinzipien sind für Sie im Umgang mit Ihren Franchisepartnern am wichtigsten?

Haider: Uns ist es wichtig, dass die Kommunikation mit unseren Franchisepartnern auf Augenhöhe stattfindet, von Unternehmer zu Unternehmer. Nur so können wir voneinander profitieren. In der Zentrale können wir nur vermuten, welche regionalen Produkte der End­verbraucher sich wünscht und benötigt – final beurteilen kann dies am besten der Partner vor Ort. Es hat also jeder im System seine Rolle und seine Aufgaben, die er gut erfüllen muss. Ich freue mich, dass unsere Partner diese Wertschätzung offensichtlich spüren und uns eine so positive Rückmeldung geben.

FORSYSTEMS: Wo sehen Sie UNIMARKT in fünf Jahren?

Haider: Auf Sicht wird UNIMARKT noch auf 150 Standorte wachsen. Dabei bleibt es bei dem Ziel, den Anteil von Franchisebetrieben auf fünfzig Prozent zu erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen sollen bestehende Filialen an selbstständige Unternehmer vor Ort, die regional verankert sind, übergeben werden.

FORSYSTEMS: Im Juni 2013 wurden Sie als Präsident an die Spitze des Österreichischen Franchise-Verbandes gewählt, zuvor waren Sie bereits drei Jahre im ÖFV-Vorstand tätig. Warum haben Sie sich für das Engagement im Verband entschieden?

Haider: Das Thema „Franchise“ ist meine Leidenschaft. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass das Franchising als Kooperationsform das Vertriebsmodell schlechthin ist und auch in Zukunft sein wird. Dies gilt insbesondere für den österreichischen Markt.

FORSYSTEMS: Das müssen Sie uns erläutern: Weshalb ist Österreich für Franchisesysteme attraktiv?

Haider: Österreich ist ein vergleichsweise kleines Land und dennoch sehr heterogen. Ein deutsches Unternehmen, das ohne weitere Überlegungen mit dem identischen Sortiment nach Österreich expandieren will, wird Probleme bekommen, weil es große regionale Unterschiede gibt. So ist beispielsweise das Burgenland kaum mit Tirol vergleichbar. Reine Filialsysteme werden hier auf Sicht weiterhin einen schwereren Stand haben, da die Potenziale überschaubar bleiben. Um Marken in den einzelnen Regionen zu positionieren braucht es das Unternehmertum vor Ort. Nur der Unternehmer vor Ort kann ein erprobtes Geschäftskonzept an die lokalen und regionalen Besonderheiten optimal anpassen. Das ist der entscheidende Vorteil des Franchisings gegenüber klassischen Filialsystemen.

FORSYSTEMS: Als Sie im vergangenen Jahr Ihr Amt als ÖFV-Präsident angetreten haben sagten Sie, dass der Ausbau des Leistungsspektrums des Verbandes eine der zentralen Herausforderungen wird. Worin genau bestehen die Aufgaben des ÖFV?

Haider: Grundsätzlich geht es uns darum, das Thema „Franchise“ in Österreich auf die Agenda zu bringen. Wir wollen die breite Masse für dieses Thema sensibilisieren und aufzeigen, dass Franchising definitiv eine Möglichkeit ist, sich erfolgreich selbstständig zu machen. Früher gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder war man Angestellter oder selbstständiger Unternehmer. In einem Franchisesystem bin ich als Franchisenehmer aus juristischer Sicht auch selbstständig, aber ich habe eben einen starken Partner im Rücken, der mir Aufgaben abnimmt. Auf diese Weise können Defizite kompensiert werden, sodass ich mich als Unternehmer vor Ort auf meine Stärken konzentrieren kann.

FORSYSTEMS: Welche Leistungen erbringt der ÖFV für seine Mitglieder?

Haider: Unsere wichtigste Leistung besteht darin, die unterschiedlichen Akteure im Bereich des Franchisings miteinander zu vernetzen um den Erfahrungs- und Informationsaustausch zu fördern. Wir haben nämlich die Erfahrung gemacht, dass die relevanten Themen in den einzelnen Branchen häufig sehr ähnlich sind. Der Austausch erfolgt u.a. über unsere Tagung, den Benchmarkday und unsere Franchise-Arenen, in denen wichtige Themen von und mit Experten diskutiert werden. Darüber hinaus beobachten wir die relevanten rechtlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen und versuchen, diese so gut wie möglich für unsere Mitglieder aufzubereiten. Eine weitere wichtige Leistung, die der ÖFV für seine Mitglieder erbringt, ist die Lobbyarbeit. Als Sprachrohr für unsere Mitglieder sorgen wir dafür, dass insbesondere die Politik auf unser Thema aufmerksam gemacht wird und machen immer wieder deutlich, dass die Franchiseszene eine nicht zu unterschätzende Gruppe ist.

FORSYSTEMS: Im letzten Jahr haben Sie eine Studie zum Thema „Franchising in Österreich“ in Auftrag gegeben. Ein zentrales Ergebnis war, dass sich rund 70 Prozent der Franchisesysteme in einer Wachstumsphase befinden. Wie sind die Aussichten für die kommenden Jahre?

Haider: Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wird das Franchising in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Für die 08/15-Anbieter in den Filialorganisationen wird es auf Sicht immer schwieriger, an jedem einzelnen Standort die erforderlichen Umsätze zu generieren. D.h. hier wird eine Bereinigung zugunsten des Franchise-Modells stattfinden, weil dieses eine stärkere Differenzierung und Anpassung an regionale Besonderheiten und Gegebenheiten ermöglicht.

FORSYSTEMS: Im Juni 2013 hat die ÖFV-Generalversammlung einstimmig die Einführung des System-Checks für ordentliche Mitglieder des Verbandes beschlossen. Welche Bedeutung besitzt der System-Check als Eingangssperre?

Haider: In unserem Wertesystem geht es um Ehrlichkeit, Qualität und Kommunikation auf Augenhöhe – und nicht um kurzfristigen Profit und Abzocke. Für Systeme, in denen diese Werte gelebt werden, stellt der System-Check im Prinzip keine Eingangssperre dar, weil diese den System-Check problemlos absolvieren können. Der System-Check sorgt also für einen hohen Qualitätsstandard und hilft uns, das Image des Franchisings weiter zu verbessern.

FORSYSTEMS: In dieser forSYSTEMS-Ausgabe beschäftigen wir uns schwerpunktmäßig mit dem Thema „Internationalisierung“. Vergleichsweise kleine Länder wie Österreich sind davon in besonderem Maße betroffen. So stammen rund ein Drittel der in Österreich aktiven Franchisesysteme aus Deutschland. Wie beurteilen Sie es, wenn Systeme aus dem Ausland, beispielsweise aus Deutschland, den Schritt nach Österreich wagen?

Haider: Für uns kann diese Entwicklung nur positiv sein. Wir sprechen zwar alle Deutsch, dennoch ticken die Konsumenten in Österreich und Deutschland anders. Das ist auch gut so. Aber aufgrund dieser Unterschiede braucht es das Franchising als erfolgsversprechende Kooperationsform. Uns als Verband geht es darum, das Franchising im gesamten deutschsprachigen Raum zu fördern und zu unterstützen. Wir haben daher eine gute Kommunikationsbasis mit den Kollegen vom Deutschen Franchise-Verband, da findet ein reger Erfahrungsaustausch statt.

FORSYSTEMS: Angenommen Sie müssten sich für eine der folgenden Optionen entscheiden, was ist Ihnen lieber: Ein neues Franchisesystem mit Wurzeln in Österreich oder ein aus einem Nachbarland nach Österreich expandierendes System?

Haider: Da ich selbst in Österreich verwurzelt bin und die Österreicher ja allgemein als sehr patriotisch gelten, würde ich mich in diesem Fall natürlich für das neue Franchisesystem aus Österreich aussprechen. Wenn wir es in Österreich schaffen, eigene Systeme hervorzubringen, die später vielleicht sogar selbst den Schritt ins Ausland wagen, dann ist das super.

FORSYSTEMS: Damit sprechen Sie bereits die andere Richtung der Internationalisierung an. Gibt es vom Verband Hilfestellung für österreichische Systeme bei der Vorbereitung und Durchführung von Internationalisierungsprozessen?

Haider: Die gibt es. Wir haben im Verband ein sehr gutes Beraternetzwerk, in dem es natürlich auch Experten für Internationalisierungsprozesse gibt und die selbst grenzüberschreitend arbeiten.

FORSYSTEMS: Zum Abschluss: Wo sehen Sie den Verband in fünf Jahren und welche Herausforderungen sehen Sie auf dem Weg dorthin?

Haider: Ich wünsche mir, dass wir in fünf Jahren im Verband insgesamt rund 180 Mitglieder haben - davon 130 ordentliche Mitglieder, die alle den System-Check absolviert haben. Eine wesentliche Herausforderung sehe ich darin, gesamtwirtschaftliche Veränderungen und Trends rechtzeitig zu erkennen und Antworten darauf zu finden. Dabei denke ich beispielsweise an den Bereich „Soziale Dienstleistungen“. Auch alle Entwicklungen, die sich auf den Onlinehandel auswirken, müssen wir berücksichtigen – was auch immer das in Zukunft heißen mag. Wir dürfen uns diesen Entwicklungen nicht verschließen und müssen wachsam sein, um auf die neuen und veränderten Gewohnheiten der Menschen Antworten zu finden.

FORSYSTEMS: Vielen Dank für das Gespräch!

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