„Die Digitalisierung ist zu bewältigen“

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... sagt Frank Roebers, Vorstandsvor­sitzender der Synaxon AG und Leiter des Ausschusses für Digitalisierung, Entwicklung und Prozesse im Deutschen Franchise Verband (DFV)

Frank Roebers ist der Mann, der den Franchiseunternehmen helfen soll, die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Seit Mitte des Jahres 2016 ist der Vorstandsvorsitzende der Synaxon AG der Leiter des Ausschusses für Digitalisierung, Entwicklung und Prozesse im Deutschen Franchise Verband DFV. Der neue Vorstand des Verbandes hat sich die Digitalisierung zu einem Leitthema der aktuellen Legislaturperiode gemacht. Das igenda-Magazin hat mit Frank Roebers über die Herausforderungen gesprochen, die die Digitalisierung für Netzwerkunternehmen mit sich bringt und ihn am Firmensitz der Synaxon AG in Schloß Holte-Stukenbrock besucht.

igenda: Herr Roebers, in allen Gesellschaftsbereichen wird man mit dem Begriff „Digitalisierung“ konfrontiert, so auch im Franchising. Doch was darunter genau zu verstehen ist, ist für viele Manager in den Systemen nur schwer in Worte zu fassen. Wie würden Sie persönlich denn einem Unwissenden das Phänomen Digitalisierung beschreiben?
Roebers: Für mich kann es eigentlich nur eine einzige Definition geben, nämlich ehemals analoge Prozesse zu digitalisieren, also Prozesse maschinenverarbeitbar zu machen. Das fing erst an mit der Digitalisierung von Arbeitsanweisungen und -schritten in Softwarecodes, dann kam sicher Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Bilder, Musik und Video folgten. Jetzt werden so langsam auch komplexere Prozesse digitalisiert und virtualisiert.

igenda: Wie macht sich das in Unternehmen bemerkbar?
Roebers: Jack Welch, der ehemalige CEO von General Electric, hat zur Robotisierung der Produktion mal gesagt: „Das ist, als wären  Neutronenbomben in die Werkshallen eingeschlagen.“ Die Maschinen und Gebäude sind noch da, aber die Menschen sind nicht mehr in gleicher Qualität vorhanden. Im Rahmen der Digitalisierung passiert jetzt etwas Ähnliches mit den Bürotürmen.

igenda: Sind davon alle Bereiche des Unternehmens betroffen?
Roebers: Wir merken das hier bei Synaxon besonders bei repetitiven und etwas, naja, stumpfsinnigen Arbeiten; insbesondere im klassisch-kaufmännischen Bereich. Dinge wie Belege sortieren, Rechnungen bezahlen usw. werden immer weiter automatisiert.

igenda: Hat das nicht Auswirkungen auf den Personalbedarf?
Roebers: Die Digitalisierung solcher Prozesse ersetzt natürlich Personal. Auf der anderen Seite entstehen aber genauso schnell an anderen Stellen neue Jobs. Also das, was an Personal früher Buchhalter gewesen sind, sind bei uns jetzt eben Softwareentwickler. Das sind nicht dieselben Leute, aber dass Berufsbilder sterben und sich verändern ist jetzt kein Novum, was durch die Digitalisierung entstanden ist. Es gibt ja diesen Satz, dass „alles, was digitalisiert werden kann, auch irgendwann digitalisiert wird.“ Und auf diesem Weg befinden wir uns gerade.

igenda: Welche Rolle spielt denn die technische Entwicklung in diesem Zusammenhang?
Roebers: Die Digitalisierung bekommt jetzt nochmals einen fast exponentiellen Schwung durch das „Internet der Dinge“. Es sind durch die überbordende Sensorik und die zunehmende Menge an digitalen Messwerten Bereiche betroffen, die vorher nicht betroffen waren. Diese Effekte der Digitalisierung müssen dann direkt in die eigentliche Wertschöpfungskette integriert werden. Das ist zumindest das, was ich momentan als Herausforderung in der Digitalisierung sehe.

igenda: Und wie sehen andere Unternehmen das? Was haben sie bei Kontakten mit anderen Managern mitbekommen?
Roebers: Wenn man mit anderen Verbundgruppen oder Franchisesystemen spricht, be­merkt man ein etwas diffuses Bild von der Digitalisierung. Da werden teilweise Begriffe vermischt und durcheinandergeworfen. Ich habe schon von einem Unternehmerkollegen gehört „Digitalisierung ist, wenn ich auf Facebook bin.“ Andere denken bei dem Begriff eher an Google AdWords. Das stimmt zwar, ist aber nur ein ganz, ganz kleiner Ausschnitt der Digitalisierung. Wenn ich es darauf begrenze, dann laufe ich unternehmensstrategisch in eine ganz schöne Falle rein.

igenda: Digitalisierung findet also in unterschiedlichen Teilbereichen statt. Würden Sie denn der Aussage zustimmen, dass es heutzutage nicht möglich ist, nicht an irgendeiner Stelle bereits digital unterwegs zu sein?
Roebers: Na klar, uneingeschränkt. Das ist nur nicht jedem bewusst. Wenn ich zum Beispiel irgendwo mit EC-Karten-Zahlung hantiere, dann bin ich schon mitten drin in teildigitalisierten Prozessen. Es ist also keine Frage, ob man digitalisiert ist oder nicht, sondern ob man zu einem ausreichenden Grad digitalisiert ist. Und da gibt es in der Praxis große Unterschiede zwischen den Systemen.

igenda: Ist diese Heterogenität nicht ein Problem für Ihre Arbeit im Verband, wenn man da Empfehlungen aussprechen möchte?
Roebers: Darum bin ich sehr froh, dass jetzt vom DFV ein Ausschuss für Digitalisierung ins Leben gerufen wurde. Da haben wir zunächst eine längere Diskussion geführt, mit welchen Aspekten der Digitalisierung wir uns beschäftigen müssen. Und in der Diskussion hat sich gezeigt, dass es gegenwärtig noch sinnvoll ist, sich mit den Prozessen beim Franchisegeber zu beschäftigen. Die noch komplexere und weiterführende Frage wäre zwar, wie ich die Franchisenehmerprozesse in Richtung Kunde digitalisiere, aber mit diesem Thema dringen wir noch nicht zu allen Systemen durch. Darum gehen wir jetzt Schritt für Schritt vor.

igenda: Ist das nicht gefährlich, wenn man die Kundenprozesse erstmal ausklammert?
Roebers: Na klar bringt es einem wenig, wenn man als Zentrale durch Digitalisierung effizienter wird, aber man auf der Partner- und Kundenseite von digitalen Plattformen plattgemacht wird. Aber wir behalten natürlich ebenfalls diesen Aspekt im Blick, auch wenn wir uns im Ausschuss eher mit den Zentral-Prozessen auseinandersetzen. Denn spätestens bei dem Prozess der Franchisenehmer-Betreuung habe ich doch eine mittelbare Strahlwirkung der Digitalisierung auf der Kunden-Ebene. Ich bin davon überzeigt, dass mittelfristig die fortschreitende Digitalisierung der Zentral-Prozesse die Digitalisierung der Kundenbeziehungen implizieren wird.

igenda: Welche Prozesse möchte der Verband denn als erste aufgreifen, um Möglichkeiten der Digitalisierung auszuloten?
Roebers: Wir fangen jetzt erstmal mit sehr fassbaren Themen an, nämlich mit der Frage, was denn die Digitalisierung für den Prozess der Franchisenehmer-Akquise bedeutet. Wenn man sich anguckt, was sich alleine in den 25 Jahren geändert hat, in denen ich im Geschäft bin, dann ist ein ganz klarer Unterschied zwischen damals und heute erkennbar. Wie adressiere ich meine Zielgruppe, wie eng bin ich mit ihr? Welche Daten und Informationen habe ich über die Zielgruppe und wie werden diese verarbeitet? Wieviel Personal brauche ich, um bestimmte Prozesse in der Franchisenehmer-Akquise zu bewerkstelligen? Das sind alles Bereiche, in denen erhebliche Sprünge gemacht wurden. Das ist heute billiger und effektiver als alles, was wir vorher hatten.

igenda: Was hat sich da konkret verbessert?
Roebers: Man stochert in der Akquise nicht mehr so im Nebel. Wenn ich zum Beispiel die heutigen Möglichkeiten des digitalen Content-Marketings betrachte, dann senke ich, wenn ich es richtig mache, meine SEA-Kosten und SEM-Kosten dramatisch (SEA steht für Search Engine Advertising, SEM für Search Engine Marketing, Anm. d. Red.). Ich setze zwar zusätzlich eine Redaktionskraft ein, muss dafür aber keine AdWords mehr machen. Dafür bekomme ich dann aber auch die Deutungshoheit über bestimmte Begrifflichkeiten. Den Systemen, die das verstanden haben, fällt es relativ leicht an Partner zu kommen.

igenda: Haben Sie sich konkrete Ziele für Ihre Arbeit im Verbands-Ausschuss gesetzt?
Roebers: Konkrete quantitative Ziele nicht. Aber ich bin schon der Meinung, dass in den drei Jahren, in denen es den Ausschuss zur Digitalisierung erstmal geben soll, wir etwas bewegen können. Das Franchising hat mit der Digitalisierung eine der größten Chancen der letzten Jahrzehnte vor der Nase. Weil nämlich die meisten Ausprägungen der Digitalisierung von Kleinunternehmen nicht mehr beherrscht werden können. Da braucht es Unterstützung durch ein System.

igenda: An welche Dinge denken Sie da?
Roebers: Nehmen wir mal was Einfaches, zum Beispiel Google-AdWords-Marketing. Wenn Sie heute ein Kleinunternehmen mit drei oder vier Arbeitsplätzen sind und sie wollen ernsthaft bei Google etwas schalten, dann bekommen sie das nur schwer gebacken. Sie haben weder genug Geld, um die richtige Agentur zu bezahlen, noch können Sie die Keyword-Liste richtig machen. Zudem haben Sie Probleme mit einer richtigen Performance-Auswertung. Das ist alles schon echt aufwendig, ich sehe das ja bei uns. Wir haben in den letzten drei Jahren von einem auf 20 Mitarbeiter im Onlinemarketing aufgestockt. Weil wir uns als Zentrale das leisten können. Und das ist wahrscheinlich einer der größten Wertschöpfungsfaktoren für unsere Partner mittlerweile. Solche Unterstützung der Partner in Sachen Digitalisierung ist wichtig und eine große Chance.

Digitalisierung innerhalb der Synaxon AG

igenda: Gibt es denn auch besondere Bedrohungen, die gerade Franchisesystemen aus der Digitalisierung erwachsen? Wenn man den Prozess zum Endkunden digitalisiert, braucht man noch Partner?
Roebers: Ich kann das verlässlich nur aus unserem Bereich beantworten. Es ergibt sich für uns eine Megachance aus der Digitalisierung, die sich am „Internet of Things“ orientiert. Wir installieren auf unseren Kundenrechnern Clients, die uns permanent über 120 Betriebsparameter wie Temperatur oder Auslastung senden. Das ist für den Kunden richtig gut, weil wir Störungen bemerken können, ehe es zu einem Ausfall kommt. Wenn es doch zu einem Fehler kommt, wissen wir, wo wir was beheben müssen. Das atomisiert die Wartungskosten. Das ist eigentlich schlecht für Dienstleister, weil ich natürlich nicht mehr so viele Stunden abrechnen kann. Auf der anderen Seite hat es auch für den Dienstleister ein ganz enormes Potenzial, weil ich jetzt zu 100 Prozent weiß, wann ich welche Dienstleistung oder Hardware anbieten muss. Vorher musste ich raten oder besten Falles aus statistischen Daten schätzen. Jetzt kann ich seinem Bedarf entsprechendauf die Sekunde genau anbieten. Das kann selbst Amazon momentan nicht.

igenda: Und wie verdienen alle im System Geld am neuen Geschäftsmodell?
Roebers: Wir generieren Aufträge. Unsere Partner mit deren Betriebsgrößen können das mit der Digitalisierung verbundene Big Data-Thema nicht alleine handeln. Partner können sich keinen Data Scientist leisten, sie können das Datensystem nicht eigenständig aufbauen und parametrisieren. Das machen wir jetzt, erzeugen auf diese Weise Aufträge und erhalten einen Profit-Share. Und genau das meine ich mit der großen Chance, die sich jetzt bietet. Natürlich werden einige Franchisesysteme mit dem aktuellen Geschäftsmodell Probleme bekommen, aber mit aufmerksamer Weiterentwicklung ist das zu handeln. Franchisesysteme und auch Verbundgruppen können im Rahmen der Digitalisierung Synergien schaffen.

igenda: Bedeutet das nicht eine große Änderung in den täglichen Aufgaben, die ein Franchisenehmer erfüllen muss? Ändert sich damit auch das Anforderungsprofil an Partner?
Roebers: Ja, das stimmt schon. Wir betreiben ja hier eine Verbundgruppe und machen daher auch nur Angebote, die angenommen werden können. Und bei uns tummeln sich inzwischen vor allem die Geschäftspartner, die die Zeichen der Zeit erkannt haben. Wenn wir Veranstaltungen machen, die sich mit diesen neuen Geschäftsmodellen befassen, werden die überrannt. Wir haben aber auch extra für dieses neue Geschäftsmodell eine eigene Tochterfirma gegründet, die direkt am Kunden Erfahrung sammelt.

Der Veränderungsprozess läuft nur langsam ab

igenda: Ist so eine tiefgreifende Veränderung nicht eine Belastungsprobe für das bestehende System?
Roebers: Klar wird der Veränderungsprozess einige wenige aussortieren. Aber glücklicherweise sind solche Prozesse so langsam, dass wir da noch zehn oder 15 Jahre Zeit haben. Mit der Digitalisierung ist es ähnlich, wie es mit vielen anderen Effekten, die ich in der Vergangenheit gesehen habe: Die kurzfristigen Folgen werden dramatisch überschätzt, die langfristigen Folgen aber dramatisch unterschätzt. Der Druck zu reagieren ist da, aber steigt eher langsam. Für die meisten Franchisesysteme ist jetzt ein guter Zeitpunkt, sich damit auseinanderzusetzen.

igenda: Was sind da die konkreten Aufgaben für die Systeme?
Roebers: Man sollte jetzt eben nicht acht Jahre warten, bis man sich in diesem Bereich fit macht. Denn die Geschäftsmodelle und die Art und Weise, wie eine Zentrale organisiert werden muss, werden sich durch die Digitalisierung erheblich verändern. Wir im IT-Bereich sind da schon ein wenig weiter und ich muss sagen: Das, was wir da erlebt haben, war die tiefgreifendste Transformation, die wir in der Unternehmensgeschichte hatten. Und wenn ich jetzt sehe, welche Qualifikationen wir in der Zentrale an Bord haben müssen, dann ist das schon ein erheblicher Unterschied zu früher. Da muss man sich Gedanken machen.

igenda: Welche Qualifikationen sind denn nicht mehr so gefragt?
Roebers: Schlechte Nachrichten für die klassischen Betriebswirtschaftler, aber die sind auf dem Rückzug grade. Der generalistische BWLer ist nicht mehr so gefragt, es sei denn, er hat sich Spezialkompetenzen im digitalen Bereich angeeignet. Einen normalen Marketingleiter suchen wir so nicht mehr.

igenda: Also kann die Digitalisierung Spuren in der personellen Struktur einer Systemzentrale hinterlassen. Welche Auswirkung hat die digitale Transformation denn auf die Prozesse und Arbeitsweise in einem Unternehmen?
Roebers: Die Digitalisierung fräst sich immer stärker in alle Strukturen des Unternehmens herein. Auf allen Ebenen. Unternehmen, die sich einen sogenannten Chief Digitalization Officer einstellen und glauben, sie könnten die Bewältigung der Herausforderung an den delegieren, ohne ihm  Befugnisse zu geben, sind auf dem Holzweg. Ich brauche heute auf der Ebene des Topmanagements das Verständnis dafür, was Digitalisierung bedeutet. Dazu muss man auch auf kultureller Ebene umdenken. Die Digitalisierung fördert agiles Arbeiten. So ein digitalisertes Geschäftsmodell hat eine höhere Komplexität und Dynamik, da ist man mit den Abläufen des klassischen Projektmanagements relativ schnell am Ende.

igenda: Warum reichen die herkömmlichen Denkweisen nicht aus?
Roebers: Man muss sich mit Konzepten wie dem Minimum Viable Product auseinandersetzen. Zu sagen „ich weiß nicht genau, wo es mit einem neuen Produkt hingeht, wir warten erstmal die Daten ab und entwickeln dann weiter“ ist schon eine erhebliche Veränderung, auch auf der Führungsebene. Die Digitalisierung fördert eine gewisse Datengetriebenheit und das liegt nicht jedem. Wenn sie heute aber auf erfolgreich digitalisierte Unternehmen blicken, dann sehen sie Führungspersonal, das in diesem Bereich extrem versiert ist. Das kann man nur eingeschränkt delegieren. Auch wird mit der Digitalisierung der strategische Wert von Softwareentwicklung immer größer. Das wirkt sich auf die notwendigen Etats aus. Man braucht auf der Ebene des Top-Managements also mehr technikgetriebene Entscheider.

igenda: Ist das denn für das Durchschnittssystem zu schaffen?
Roebers: Ja klar. Die meisten Systeme sind auf der Ebene der Menschenführung sehr stark, haben aber Nachholbedarf in diesem technischen Bereich. Man muss sich also nur die richtigen Leute ins Boot holen. Und die gibt es durchaus. Man sollte auch eher nach einer langfristigen Lösung suchen, denn die mit der Digitalisierung verbundenen Herausforderungen werden die Systeme nie wieder loslassen. Wenn man einen externen Dienstleister zur Digitalisierung ins Boot holt, besteht die Gefahr, dass der dann keinen Gegenpart auf Organisationsseite hat. Dann redet man vielleicht aneinander vorbei.

igenda: Wir haben jetzt viel über die Änderungen der Arbeitsweise in der Zentrale gesprochen. Wenn wir aber an Konzepte wie agile Produktentwicklung denken, ändern sich nicht auch Rolle und Arbeitsweise eines Systempartners erheblich?
Roebers: Das ist eine hoch spannende Frage. Meiner Meinung nach kann ich die agile Produktentwicklung nicht vollständig an die Partner geben. Das muss die Zentrale machen. Erst wenn ich ein marktfähiges Produkt habe, sollte ich es an die Franchisenehmer geben. Das ist auch einer der Gründe, warum wir wieder einen größeren Eigenbetrieb aufgebaut haben.

igenda: Jetzt beschäftigen Sie sich ja auch im Namen des Verbandes mit der Digitalisierung der Franchise-Unternehmen. Mit welchen Schritten kann denn ein System die Herausforderung Digitalisierung angehen?
Roebers: Das ist eine gute Frage. Der Druck und die Notwendigkeit zur Digitalisierung sind nicht in allen Branchen gleich groß. Es gibt auch Bereiche, da ist die Notwendigkeit noch nicht gegeben. Wichtig ist, dass sich das Management Zeit dafür nimmt, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen und die Digitalisierung als Chance und nicht als Bedrohung begreift. Da kann es sinnvoll sein, sich auch extern einen Kick-off-Impuls durch einen qualifizierten Berater geben zu lassen. Es gibt auch viele freie Anbieter in diesem Bereich. Das Problem ist, dass sie als Nicht-Experte nicht erkennen, ob der Experte etwas taugt. Es gibt, gerade im Bereich Digitalisierung, auch ganz viele Traumtänzer da draußen, deren größte Kompetenz bunte Präsentationen sind. Wir denken auch im Verband darüber nach, ob und wie wir die Systeme dabei unterstützen können.

igenda: Muss ich mich als Unternehmen mit meinen Prozessen beschäftigen, wenn ich die Digitalisierung vorantreiben will. Oder anders gefragt: Ist die Digitalisierung ohne konsequente Prozessausrichtung eines Unternehmens vorstellbar?
Roebers: Früher hätte ich Ihnen da sofort widersprochen, doch mittlerweile sehe ich das fast auch so. Die Frage ist, wie weit man es mit seiner Prozessausrichtung treiben muss, um digitalisieren zu können. Ein gewisses Verständnis dafür, wie Tätigkeiten ablaufen, braucht man. Welcher Dokumentationsgrad der Prozesse notwendig ist, weiß ich nicht. Wir hier bei Synaxon waren schon immer prozessorientiert aufgestellt, daher kann ich da schlecht eine vergleichende Aussage treffen. Manchmal kann auch die Beschäftigung mit einer Software zur Digitalisierung dabei helfen, die Prozesse zu strukturieren. Wenn sie es nicht mit wettbewerbsdifferenzierenden Prozessen in der Leistungserstellung zu tun haben, kann das auch ein gangbarer Weg sein. Für geschäftsentscheidende Prozesse würde ich das aber nicht so machen.

igenda: Wenn sich jetzt ein Unternehmen der Digitalisierung nähert, wo würden Sie nach Digitalisierungs-Potenzial suchen? Was sind denn Prozesse, die man leichter digitalisieren kann?
Roebers: Wenn man auf der Ebene der Zentrale bleibt, dann würde ich mich auf alle Prozesse stürzen, die einen hohen Wiederholungsgrad und hohes Automatisierungspotenzial haben. Also alles, wo der Mensch entbehrlich sein könnte. Dann komme ich alleine auf Prozesse, da brauche ich den Menschen so zwingend darin, dass ich sie nicht vollständig digitalisieren kann. Kreative Prozesse oder auch Strategiefindungsprozesse zum Beispiel. Alles was mit hoher Transaktionszahl immer wieder gleichförmig durchlaufen wird, eignet sich eher zur Digitalisierung. Diese Prozesse muss man sich anschauen und sich fragen, ob die nicht auch digitalisiert funktionieren würden.

igenda: Was kann denn das Ziel der Digitalisierungsbemühungen sein?
Roebers: Erstmal kommt die Prozessdigitalisierung, dann kom­mt vielleicht Business Intelligence und Datenstrukturierung, ehe man sich mit Big Data auseinandersetzen kann. Das hat, wie gesagt, auch immer mit der Branche zu tun. Wir haben hier bei Synaxon 2003 angefangen die Bestellprozesse unserer Partner zu digitalisieren. Da kommt ein Datenberg zusammen, der ist gigantisch. Wir fangen seit drei, vier Jahren langsam an, Wissen daraus zu ziehen und diesen Datenberg zu monetarisieren. Und es ist erstaunlich, was da für Zentrale und Partner für Goldklumpen drin sind im Datenberg.

igenda: Sie haben ja selbst Erfahrungen mit der Digitalisierung Ihres Unternehmens gemacht. Welches Wissen würden Sie denn an jemanden weitergeben, der vor dem gleichen Prozess steht?
Roebers: Frage dich immer: „Make or buy?“ Reicht eine Standardlösung für die Digitalisierung des Prozesses oder brauche ich eine individualisierte Lösung. Da muss man ganz pragmatisch heran gehen. Als nächstes würde ich sagen, dass der Prozess der Digitalisierung zwar nicht leicht ist, aber auf jeden Fall zu schaffen. Wichtig ist, dass im Unternehmen Wissen und Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung aufgebaut werden und man sich dann auch mit Commitment dem Veränderungsprozess widmet. Auch sollte man keine Angst vor technischen Anforderungen haben, das meiste können externe Dienstleister on demand stellen. Die Digitalisierung ist zu bewältigen und gerade für Netzwerkstrukturen bieten sich neue Chancen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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