Vertragliche und nachvertragliche Wettbewerbsverbote

igenda FACHMAGAZIN
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Unter dem Aspekt des Schutzes des Franchisegebers und seines Franchisesystems

Das deutsche Recht und die deutsche Wirtschaftsordnung unterliegen dem Prinzip der Wettbewerbsfreiheit. Grundsätzlich ist jedem Marktteilnehmer gestattet, in wirtschaftlichen Wettbewerb zu anderen Unternehmen zu treten. Es sei denn, die wirtschaftliche Betätigung wird durch gesetzliche Verbote und/oder vertragliche Abreden eingeschränkt. Das Handeln als Marktteilnehmer muss sich genauso wie das zwischen Marktteilnehmern vereinbarte Beschränken des Wettbewerbes in die Rechtsordnung einbetten lassen und dem Lauterkeitsgebot des Wettbewerbsrechts unterordnen.

Wettbewerbsverbote zwischen selbständigen Unternehmen sollen verhindern, dass eine Partei, je nach Ausgestaltung des Wettbewerbsverbotes während oder nach Beendigung des Vertrages in Wettbewerb zu der anderen Partei tritt, und dies u.a. unter Nutzung des Know-hows der anderen Partei. Es können vertragliche Wettbewerbsverbote auch gegenseitig ausgestaltet sein. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen ein vertragliches oder nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann nicht nur die Verpflichtung zur Unterlassung jedweder Konkurrenztätigkeit einschließlich entsprechender Schadenersatzansprüche im konkreten Fall sein; vielmehr geht damit auch regelmäßig einher, dass Auskunftsansprüche geltend gemacht werden können, über die die andere Vertragspartei Kenntnis über Geschäftsvorgänge erhalten kann, die unter Verletzung des Wettbewerbsverbotes erfolgen.

Wettbewerbsverbote

Die Beziehung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer gestaltet sich regelmäßig als Dauerschuldverhältnis. Da es bei der Vereinbarung und der Einhaltung von vertraglichen und/oder nachvertraglichen Wettbewerbsverboten jedoch nicht um das Herbeiführen eines Erfolges geht, weil die Vertrags-„Erfüllung“ hier auf ein Unterlassen gerichtet ist, geht es bei Wettbewerbsverboten schon denklogisch nicht um die Erfüllung einer Pflicht, sondern um die Einhaltung einer „stetigen Phase finaler Passivität“.

Dabei erschöpfen sich die aus einem vertraglichen Wettbewerbsverbot resultierenden Pflichten nicht ausschließlich in einem Unterlassen. Zur Effektuierung vertraglicher, aber insbesondere auch nachvertraglicher Wettbewerbsverbote können auch flankierende Aktivitäten geschuldet sein, wie z.B. die Herausgabe geheimzuhaltender Unterlagen (Systemhandbücher, Richtlinien etc.), sogar wenn diese formell im Eigentum des Franchisenehmers stehen sollten. Die Herausbildung von Wettbewerbsverboten ist also eine Konkretisierung des allgemeinen Gebotes, wonach die Durchführung von Verträgen nach „Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ (vgl. § 242 BGB) vorzunehmen ist, sich also so zu verhalten, dass die legitimen Integritätserwartungen der Parteien im Hinblick auf die jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen ausreichend Berücksichtigung finden und gewahrt werden.

Der mit einem Wettbewerbsverbot zu erreichende Schutz des Know-how eines Franchisegebers ist umso umfassender, je intensiver sich die Kooperation zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer ausgestaltet und je mehr der Franchisegeber erworbenes Know-how dem Franchisenehmer zur Verfügung stellt.

Ausstiegsstrategien

Die Zulässigkeit und die Berechtigung von (nach-)vertraglichen Wettbewerbsverboten werden nicht zur Diskussion gestellt und sind anerkannt. Trotzdem müssen sich Franchisegeber bei Berufung auf ein solches vertragliches Wettbewerbsverbot regelmäßig mit dem dann erhobenen Einwand des Franchisenehmers auseinandersetzen, das  vertragliche Wettbewerbsverbot sei unwirksam.

Dies wird gerade dann gerne ins Feld geführt, wenn es einem „Noch-Franchisenehmer“ darum geht, während des bestehenden Vertragsverhältnisses bereits das Verlassen des Franchisesystems zu planen und unter Weiternutzung des systemspezifischen Know-hows dieselbe Geschäftstätigkeit wie unter der Zugehörigkeit zum Franchisesystem fortzusetzen. Dem Einwand der Unwirksamkeit vertraglicher Wettbewerbsverbote liegt daher oft genug eine  durchdachte Ausstiegsstrategie eines Franchisenehmers zugrunde, der der Auffassung ist, das Know-how des Franchisesystems auch ohne Unterstützung der Systemzentrale weiternutzen zu können und sich in die Lage zu versetzen, unter Einsparung von Franchise-Gebühren das von ihm eingesetzte Know-how weiterzuverwenden.

Unter etwas anderem Blickwinkel, aber mit gleicher Zielrichtung, wird auch bei den nachvertraglichen Wettbewerbsverboten insbesondere im Rahmen der Verfolgung einer Ausstiegsstrategie die Unwirksamkeit solcher Wettbewerbsverbote geltend gemacht. Oft genug geht dies einher mit dem Ausspruch einer eigenen (vorgeschobenen) fristlosen Kündigung des Franchisenehmers, um sich dergestalt vom Franchisesystem zu lösen oder aber eine fristlose Kündigung wird - beispielsweise durch „Umflaggen“ des Franchisenehmers - provoziert. Ziel solcher Vorgehensweisen ist regelmäßig, unter Weiternutzung des Know-hows des Franchisesystems, oft genug auch unter Bedienung der mit der Marke des Franchisesystems geworbenen Kunden ein der Franchise vergleichbares Tätigkeitsfeld weiter zu bearbeiten.

Dabei ist das Verbot, während der Vertragsdauer, wie es oft formuliert wird, selbst oder über Dritte mit dem Franchisegeber in Wettbewerb zu treten, letztlich auch ein Ausfluss der allgemeinen Interessenwahrungspflicht der Parteien, die es im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses regelmäßig zu beachten gilt.

Zusätzlich sollte ein Franchisegeber im Rahmen seiner vertraglichen Gestaltung von der Möglichkeit der Ausgestaltung eines vertraglichen Wettbewerbsverbotes in seinen Franchise-Verträgen Gebrauch machen.

Dabei muss dann bedacht werden, dass ein Franchisenehmer über das vertragliche Wettbewerbsverbot in seiner unternehmerischen Freiheit nicht zu engen Beschränkungen unterworfen wird. Gleichzeitig gilt zu beachten, dass über (nach-)vertragliche Wettbewerbsverbote in diesem Zusammenhang nicht nur das systemtypische Know-how geschützt werden sollte, sondern insbesondere bei Franchisesystemen, die bereits über eine etablierte Marke verfügen, der Markenbekanntheitsgrad sowie die Sogwirkung der Marke.

Vertragliches Wettbewerbsverbot

Die in zahlreichen Franchise-Verträgen vorzufindende vertragliche Wettbewerbsabrede stellt klar, dass es für eine Verletzung der Wettbewerbsabrede nicht darauf ankommt, ob der Franchisenehmer selbst oder über Dritte mit dem Franchisegeber in Wettbewerb tritt.
 
Wie für das jeweilige Franchisesystem eine wirksame Klausel eines vertraglichen Wettbewerbsverbotes auszugestalten ist, ist auf der einen Seite immer von dem Umfang und der Art des zu schützenden Know-hows abhängig und auf der anderen Seite von den durch diesen Umfang gezogenen Grenzen, die sich bezogen auf die einzelnen Merkmale des Wettbewerbsverbotes aus den insoweit bestehenden gesetzlichen Regelungen ergeben.

Wettbewerbsschutz und Schutz des Know-hows des Franchisesystems müssen im Zusammenhang betrachtet werden.

Es ist desweiteren darauf zu achten, dass kartellrechtliche Vorgaben wie beispielsweise die grundsätzliche zeitliche Begrenzung auf die Dauer von fünf Jahren nach Artikel 5 a der Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vertriebsbindungen beachtet werden, genauso aber auch die Grenzen beachtet werden, die die jeweiligen bürgerlich rechtlichen Vorschriften ziehen.

Aus dem Wechselspiel zwischen Umfang und Art des systemtypischen Know-hows sowie der durch die Rechtsordnung gezogenen Grenzen der Ausgestaltung von Wettbewerbsverboten sollte anhand der auszuarbeitenden, im Franchisevertrag niedergelegten Wettbewerbsklau­sel(n) dargelegt werden können, dass die Verpflichtung zur Unterlassung von Wettbewerb erforderlich ist, um die Identität, den Ruf, aber auch das Franchisesystem als Ganzes zu erhalten.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Dabei ist zwischen vertraglichen und nachvertraglichen Wettbewerbsverboten zu differenzieren, da die Zielrichtung im Hinblick auf den verpflichteten (ehemaligen) Franchisenehmer durchaus eine jeweils unterschiedliche ist. Dem Franchisegeber geht es beim vertraglichen wie beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot darum, sein Franchisesystem vor unbefugter Nachahmung zu schützen.

Die nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkung des ehemaligen Franchisenehmers greift grundsätzlich in dessen über Art. 12 des Grundgesetzes geschützte Berufsfreiheit ein und ist nur dann nicht als sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB einzustufen, wenn sie erforderlich ist, um das Franchisesystem, aber auch andere Franchisenehmer, vor einer illoyalen Verwertung des während des Franchisevertrages erworbenen Know-hows und damit der während der Partnerschaft erzielten Erfolge zu schützen. Zielrichtung der vertraglichen wie der nachvertraglichen Wettbewerbsverbote muss daher immer der Schutz des Franchisesystems sein, nicht jedoch ausgeschiedene Franchisenehmer daran zu hindern, als Marktteilnehmer wirtschaftlich tätig zu sein.
 
Nach Beendigung eines Franchisevertrages darf einem Franchisenehmer nicht jede berufliche Tätigkeit, die dem Tätigkeitsbereich des Franchisesystems zugeordnet werden könnte, verboten sein. Es muss der Bezug zum jeweiligen Franchise-Konzept gegeben sein.

Die im Zusammenhang mit vertraglichen und nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ergangenen Urteile zeigen, dass auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote in Franchise-Verträgen grundsätzlich dem Sittenwidrigkeitsverdikt des § 138 BGB standhalten, wenn die zu beachtenden Vorgaben eingehalten werden.

Nach Beendigung eines Franchisevertrages werden die sogenannten nachvertraglichen Wettbewerbsverbote eingesetzt, damit ein ausgeschiedener Franchisenehmer für einen bestimmten Zeitraum sich nicht in der Branche als Wettbewerber betätigt. Auch und gerade beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ist vor dem Hintergrund von Art. 12 GG (Berufsfreiheit) darauf zu achten, dass ausschließlich eine betriebs- und systembezogene Wettbewerbstätigkeit untersagt werden kann. Anderenfalls könnte ein derartiges nachvertragliches Wettbewerbsverbot dem Sittenwidrigkeitsverdikt des § 138 BGB unterfallen.

Gesetzlich ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in § 90 a Abs. 1 Satz 3 HGB für Handelsvertreter geregelt. Der BGH hat festgestellt (Urteil vom 12.11.1986, WM 1987, 512, 513 (Aquella), dass ein Franchisegeber auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Rahmen des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet ist.

Räumliche Beschränkung des Wettbewerbsverbots

Zurecht wird vielfach argumentiert, dass auch und gerade im Rahmen von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten eine räumliche Beschränkung des Verbotes auf das dem ehemaligen Franchisenehmer mit dem Franchisevertrag überlassene Vertragsgebiet nicht zu erfolgen hat, denn insoweit bestehe ein Schutzbedürfnis des Franchisegebers, dass ausgeschiedene Franchisenehmer nicht Umgehungstatbestände schaffen, beispielsweise indem der Konkurrenzbetrieb außerhalb des Vertragsgebietes oder -standortes, jedoch in unmittelbarer Nähe desselben etabliert wird.

Denn nur so kann der Vielgestaltigkeit von franchise-typischen Vertragsleistungen und damit einem Franchisesystem insgesamt der erforderliche Schutz des Geschäftskonzeptes gegen unlautere Beeinträchtigungen gewährt werden, da es gerade bei werthaltigen Franchisesystemen  nicht um den bloßen Vertrieb von Produkten und/oder Dienstleistungen geht, sondern regelmäßig um umfangreiche systemtypische Leistungen, die der ausgeschiedene Franchisenehmer durch die Zurverfügungstellung des Know-how erworben hat.

Die Verhinderung einer konkurrierenden, nachvertraglichen Tätigkeit ist daher ein berechtigtes Interesse eines Franchisegebers zum Schutz seines Franchisesystems.

Wirksamer Schutz und damit wirksamer Rechtsschutz eines Franchisesystems kann in diesen Fällen nur dann erreicht werden, wenn die mit den entsprechenden Fällen befassten Gerichte bereit und willens sind, sich mit den Besonderheiten des Franchising auseinanderzusetzen, denn nur bei Kenntnis dieser Besonderheiten und damit auch der im Franchise-Recht zu beachtenden grundlegenden Maßstäbe können von den jeweils mit der Materie befassten Gerichten die widerstreitenden Interessen der Parteien angemessen berücksichtigende Entscheidungen gefunden werden.

Schutzwirkung

Vertragliche wie nachvertragliche Wettbewerbsverbote dienen daher dem Interesse eines Franchisesystems, seine Identität, aber auch dessen Ruf und Image zu schützen. Sie bedürfen immer der Konkretisierung, wenn die Durchsetzung entsprechender Wettbewerbsunterlassungsverpflichtungen erfolgreich sein soll.

Im Zusammenhang mit nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ist einem Franchisegeber auch sein Anspruch auf Weiterführung der erworbenen Marktgeltung zuzusprechen, denn jeder ausgeschiedene Franchisenehmer unterliegt während des Bestehens des Vertragsverhältnisses der Verpflichtung, auf die Zugehörigkeit zu dem jeweiligen Franchisesystem hinzuweisen.

Vertragliche wie nachvertragliche Wettbewerbsverbote können eine wesentliche Säule im Rahmen des Schutzes von Franchisesystemen und deren Know-how sein. Diese Schutzwirkung kann jedoch nur dann entfaltet werden, wenn jeweils auf das einzelne Franchisesystem bezogen sorgfältig erwogen wird, welcher Art und welchen Umfang die Ausgestaltung von Wettbewerbsverboten haben können, um einen möglichst effektiven Schutz des meistens mit hohen finanziellen und sonstigen Ressourcen beanspruchenden Aufwand aufgebauten Know-how zu erreichen. In diesen Schutzbereich fällt jedoch nicht nur das vom Franchisesystem entwickelte Know-how, sondern auch die regelmäßig ebenfalls unter erheblichem Einsatz aufgebaute Marke des Franchisegebers. Auch deren Freihaltung allein für das jeweilige Franchisesystem ist über die sorgfältige Ausgestaltung von Wettbewerbsverboten zu schützen.