Das Wissen ist das Wertvollste – und muss gemanagt werden

igenda FACHMAGAZIN
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Mit Ausnahme der Menschen, die Sie lieben, ist das Wertvollste, das Sie haben, Ihr Wissen. Und das Wissen Ihrer Mitarbeiter. Damit es bestmöglich wirken kann, muss es gemanagt werden. Mit dem richtigen Wissensmanagement können die Produktion erfolgsrelevanten Wissens im Unternehmen und der Umgang damit zur Blüte gebracht werden. Zugleich werden die Möglichkeiten deutlich verbessert, es zu schützen und damit das unternehmenseigene intellektuelle Kapital und Eigentum zu maximieren. Das könnte sich lohnen – bis hin zur Unternehmensfinanzierung.

Wissen ist gerade für Franchisesysteme ein wesentlicher Bestandteil des werthaltigen Unternehmensvermögens. Es kommt dort in mannigfaltiger Form vor: Als Produktwissen, Marktkenntnis, Kenntnis über wesentliche Stakeholder, market-approach-Wissen, Vertriebswissen, Prozesswissen, Risikowissen, Wissen aus Erfahrungen unterschiedlichster Art. Wird solch wertvolles Wissen optimal genutzt, zuvor aber seine Entstehung und Entwicklung wirksam unterstützt, seine Sicherung gewährleistet und der Zugriff auf Wissen effizient organisiert, fördert das die Wettbewerbsstärke des gesamten Franchisesystems und vermehrt seinen Unternehmenswert zugunsten aller Beteiligten.

Der Transfer solchen Wissens vom Systemgeber zum Systemnehmer ist integrierender Bestandteil des Franchising: Das Überlassen von Know-how ist unabdingbare Voraussetzung für die Qualifikation einer Kooperationsvereinbarung als Franchisevertrag.

Franchising ist wissensintensiv

Wissen ist nicht erst seit der Entwicklung unseres Gemeinwesens zur Wissensgesellschaft und der Wirtschaft zur Wissensökonomie die wesentliche „Ressource für Zukunft“. Franchising ist wissensintensiv: Es besteht im Wesentlichen darin, das besondere Wissen anzureichern und umzusetzen, das das jeweilige Franchisesystem ausmacht. Es liegt von daher auf der Hand, dass es vorteilhaft und für Franchisesysteme alternativlos ist, ihr Wissen und wissensbezogene Prozesse zu managen.

Da das Wesen des Franchising überdies in dem Sinn schutzrechtsorientiert ist, dass durch Erwerb von Schutzrechten und Know-how-Schutz eine möglichst hohe Barriere sowohl gegen ungewollten Abfluss, als auch gegen Missbrauch wettbewerbsrelevanten Wissens errichtet werden muss, hat das Wissensmanagement in Franchisesystemen zusätzlich speziell schutzorientiert zu sein.

Diese Schutzorientierung wird in meinem Aufsatz „IP-Management in Franchisesystemen“ (IP = Intellectual Property Management) fokussiert, der im „Jahrbuch Franchising“ 2010 veröffentlicht wurde. Dieser umfassenderen Thematik liegt der Umstand zugrunde, dass dem geistigen Eigentum in Franchisesystemen eine zentrale Rolle zukommt, vor allem in Form von Marken und Know-how. Aber auch technische Schutzrechte (Patente und Gebrauchsmuster) sind bisweilen von entscheidender Bedeutung für Franchisesysteme oder können es zumindest sein. Das Management von unternehmerisch relevantem Wissen ist eine zentrale Disziplin des IP-Managements – war es immer und ist es erst recht in Zeiten der Wissensgesellschaft und Wissensökonomie.

Prozesse und Ziele des schutzorientierten Wissensmanagements

  • Wettbewerbsrelevantes, erfolgskritisches Wissen aufbauen, das (auch) die Schützbarkeit des Unternehmens fördert und dazu beiträgt, Schutzrechte oder schutzrechtsähnliche Rechtspositionen zu erwerben.
  • Wissensaustauschkultur im (Gesamt-)Unternehmen herstellen oder verbessern.
  • Auch eine Kultur des Wissensaustauschs mit Stakeholdern (insbesondere Lieferanten und Franchisees).
  • Wettbewerbsrelevantes, erfolgskritisches Wissen speichern, dokumentieren und sichern für geregelte Weitergabe und Nutzung.
  • Wahrnehmung und Implementierung von Know-how-Schutz im Unternehmen als Aufgabe des Wissensmanagements verankern.
  • Verhängnisvolle Wissensdefizite systematisch vermeiden bzw. beseitigen.
  • Unkontrollierte Wissensabflüsse verhindern.

Werden diese sieben wesentlichen Ziele des schutzorientierten Wissensmanagements erreicht, entsteht erheblicher unternehmerischer Nutzen. Gegenüber den Mitbewerbern wird damit ein bedeutsamer Wissensvorsprung erzielt. Wissen wird so systematisch vermehrt. Es wird zugleich unternehmensintern planmäßig verfügbar gemacht, so dass es sich ungehinderter weiterentfalten kann. Das Unternehmen entwickelt Sicherheit im Umgang mit Wissen und seiner Bewahrung. Letztlich entsteht eine neue Basis für die Finanzierung von Franchisesystemen „mittels immaterieller Bilanz“.

Klima der Begeisterung für Wissenspartizipation

Jedes Wissensmanagement, das gelingen und Nutzen bringen soll, muss im Unternehmen an günstigen Gegebenheiten anknüpfen können. Es muss ein Klima des „wir“ herrschen und nicht des „ich“. An die Stelle der Angst, sein eigenes Wissen zu offenbaren, das Kollegen oder Vorgesetzte „an Land ziehen“ und als ihr eigenes Wissen ausgeben könnten, sollte der Wunsch der Mitarbeiter treten, an einer blühenden Wissensproduktion im Unternehmen produktiv teilhaben zu können und diese – ohne jede Selbstverleugnung – nach eigenen Kräften zu fördern.

Es sollte nicht geschehen, dass Mitarbeiter im Unternehmen bedeutendes Wissen oder gar Erfindungen zurückhalten, sozusagen als „Trumpf im Ärmel“, den sie in dem Augenblick ziehen, der ihnen die besten Vorteile verspricht, und also ohne Rücksicht auf die Belange des Unternehmens. Denn alle Mitarbeiter sollten erkennen, dass ihr Wert für das Unternehmen nicht so sehr darin besteht, einmal eine – womöglich wertvolle – Idee gehabt zu haben, sondern in der Fähigkeit, derartige Ideen hervorzubringen. Diese auf Wiederholung abzielende Fähigkeit wird gerade durch die Offenbarung der Idee für die Unternehmensführung erkennbar und unter Beweis gestellt. Und sie bleibt erhalten, auch wenn der „Trumpf aus dem Ärmel“ ist.

Die Unternehmensführung ist somit gut beraten darüber nachzudenken, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um im Unternehmen ein solches Klima der Begeisterung für Wissens­partizipation zu begründen, das Ängste abbaut, Engagement fördert und die Wissensproduktion und den Umgang mit Wissen im Unternehmen zu einer Blüte führt. In Franchisesystemen betrifft das nicht nur das Unternehmen des Franchisegebers – das allerdings im besonderen Maße –, sondern das „Gesamtunternehmen Franchisesystem“. Wenn solche Vorausset­zungen geschaffen sind, können die Möglichkeiten und Mittel eines schutzorientierten Wissensmanagements wirkungsvoll „greifen“, von denen hier die Rede ist.

Fortschrittsorientiertes Wissen schützen

Im Zentrum des Franchising als Vertriebsform stehen zumeist Dienstleistungen und nichttechnische Produkte. Gleichwohl finden bei einem keineswegs zu vernachlässigenden Anteil von Franchisesystemen technisch-mechanische Gerätschaften Verwendung oder werden bestimmte Verfahren angewendet, die grundsätzlich Gegenstand der sog. technischen Schutzrechte sind oder sein können (Patente und Gebrauchsmuster). In ihnen verkörpert sich unternehmerisch relevantes Wissen, das einer stetigen Weiterentwicklung unterliegt.

Kenntnisfortschritte werden insoweit wohl in erster Linie beim Franchisegeber entstehen, etwa im Rahmen von F&E-Anstrengungen zur Fortentwicklung von Maschinen, Gerätschaften und Prozessen. Aber es ist keineswegs ausgeschlossen, dass bedeutsame Ideen in Bezug darauf gerade auch in den Unternehmen der Franchisenehmer geboren werden, die derartige Gegenstände und Prozesse tagtäglich anwenden und dabei im besonderen Maß Erfahrungen sammeln.

Soweit derartiges, fortschrittsorientiertes Wissen entsteht, liegt es im Interesse beider Partner von Franchiseverträgen, dass es bestmöglich genutzt wird und entstehende Erfindungen wirksam geschützt werden.

Mitarbeiter werden Mit-Erfinder

Technisch orientierte Unternehmen betreiben regelmäßig Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, um ihre Produkte weiterzuentwickeln oder neue marktgängige Erzeugnisse hervorzubringen. Ein Ziel solcher Anstrengungen ist es auch, für dabei entstehende Erfindungen entsprechenden Rechtsschutz in Form von Patenten oder Gebrauchsmustern zu erwerben.

Mitarbeiter, die bei der Entstehung von Erfindungen im Sinne des Patent- und Arbeitnehmererfinderrechts mitwirken, können dadurch Mit-Erfinder werden. Dafür genügt es, dass der jeweilige Mitarbeiter einen schöpferischen Beitrag zu der Erfindung leistet. Alsdann sind auf alle beteiligten Miterfinder die Vorschriften des Arbeitnehmererfindergesetzes (ArbNErfG) anzuwenden.

Darin liegt eine große Chance. Denn dessen Gesetzesvorschriften und die des Patentgesetzes (PatG) sehen nicht nur die Anerkennung der Erfindereigenschaft nach außen durch ausdrückliche Benennung der Miterfinder in Patentanmeldung und -register vor, sondern auch eine adäquate Vergütung nach Maßgabe des ArbNErfG. Damit werden die personalpolitisch wichtigen Motivatoren der Belohnung durch Statusförderung und pekuniäre Besserstellung aufgerufen.

Jeder, der an einem betrieblichen Vorgang beteiligt ist, welcher zu einem Patent, einem Gebrauchsmuster oder auch nur einem wichtigen und technischen Verbesserungsvorschlag führen kann, hat damit ein gewichtiges Motiv, seinen persönlichen Beitrag zum technischen Fortschritt sichtbar werden und berücksichtigen zu lassen.

„Daten-Freeze“ bringt Sicherheit

Das kann durch geeignete Mittel des Wissensmanagements sichergestellt werden, z. B. durch den Einsatz einer geeigneten Wissensmanagement-Software, die u. a. die Erfassung, die Speicherung und Dokumentierung von Wissen im Intranet des Unternehmens steuert und den Zugang dazu organisiert. Hierbei ist es allerdings unverzichtbar, dass der jeweilige Mitarbeiter das von ihm geschaffene oder kreativ erweiterte Wissen nicht nur inhaltlich abspeichert, sondern der Intranet-Server die Eingabe auch mit Datum und Uhrzeit versieht.

Dabei muss die Wissensmanagement-Software gewährleisten, dass die eingegebenen Daten einschließlich der Tages- und Uhrzeitangabe nach Abschluss der Eingabe nicht mehr verändert werden können (sog. „Daten-Freeze“), auch nicht durch den eingebenden Mitarbeiter. Denn nur so ist beweisbar, wer welches Wissen zu welchem Zeitpunkt gehabt und erfasst hat. Und nur unter der Voraussetzung, dass ihre Eingabe „betonfest“ dokumentiert wird, werden Mitarbeiter bereit sein, einem Intranet ihr Wissen anzuvertrauen und unternehmensintern zu veröffentlichen.

Ein solches „Daten-Freeze“ wird gegenwärtig von Anbietern von Wissensmanagement-Software noch nicht standardmäßig angeboten, wohl aber bisweilen optional.

Auf diese Weise kann ein erfasster und gut dokumentierter Wissenstand im Unternehmen entstehen und gemanagt werden. Hierauf können Weiterentwicklungen des Wissens aufbauen, gerade auch durch den ursprünglichen Eingeber, der in der Zwischenzeit Gelegenheit gehabt haben wird, sein Wissen mit anderen Mitarbeitern des Unternehmens zu diskutieren und wachsen zu lassen.

Unterstützt werden derartige Vorgänge durch ein hochstehendes Kreativitäts- und Innovationsmanagement im Unternehmen, durch Motivations- oder Anreizsysteme, um die Generierung und den Austausch von Wissen zu stimulieren und zu fördern. Weitere Maßnahmen, deren Darstellung den hier zur Verfügung stehenden Raum sprengen würde, bieten sich an.

Franchisegeber am Neuwissen beteiligen

Keineswegs ist ausgeschlossen, dass bei einer intensiven Nutzung von Gerätschaften, die der Franchisegeber dem Franchisenehmer zur Verfügung stellt oder die der Franchisenehmer in Ausübung des Franchisegeschäfts einsetzt, im Unternehmen des Franchisenehmers in Bezug hierauf relevantes Wissen geschaffen wird. Soweit hierauf die Paragrafen des PatG und ArbNErfG anzuwenden sind, profitieren davon der Mitarbeiter des Franchisenehmers und der Franchisenehmer selbst, nicht jedoch der Franchisegeber, der womöglich von dem für das gesamte Franchisesystem und alle seine Glieder wichtigen neuen Wissen noch nicht einmal Kenntnis erhält.

Für diese Situation erscheint es als sinnvoll oder gar unbedingt erforderlich, vertragliche Regelungen dafür vorzusehen, dass der betreffende Franchisenehmer seinerseits in seinem Unternehmen ein adäquates Wissensmanagement betreibt. Es sollte gesichert werden, dass auch der Franchisegeber an der wirtschaftlichen Bedeutung des Neuwissens beteiligt wird, welches beim Franchisenehmer entwickelt wird bzw. entsteht.

Im Ergebnis könnte das darauf hinauslaufen, dass in Bezug auf das Wissensmanagement das gesamte Franchisesystem als ein insoweit einheitliches Unternehmen strukturiert wird. Die dadurch entstehenden Vorteile bewirken ggf. eine deutliche Verbesserung sowohl der Leistungen des Franchisesystems und seiner Sub­strukturen als auch des Zusammenhalts des Systems und der nachhaltigen Einbindung qualifizierter Franchisenehmer.

Know-how-Schutz ist lebensnotwendig

Jedes Unternehmen hat Wissen in Form firmeninternen Know-hows, das sowohl geschäftsmodell- als auch wertschöpfungsrelevant ist. Dies gilt bekanntlich in besonderem Maße für Franchisesysteme und ihnen angehörende Unternehmen. Für sie ist Know-how-Schutz lebensnotwendig. Speziell hierauf muss das Wissensmanagement in Franchisesystemen seinen Blick richten.

Das gilt sowohl für Know-how, für das selbst kein Sonderrechtsschutz etwa nach PatG, Gebrauchsmustergesetz oder Designgesetz erlangt werden kann, als auch für das überaus wichtige vorbereitende und begleitende Wissen in Unternehmen, deren Mitarbeiter patentschutzfähige Arbeitsergebnisse schaffen.

Für alle diese Fälle bietet es sich an, in Erwägung zu ziehen, dass auf das Schaffen neuen Wissens ähnliche rechtliche Regelungen (vertraglicher Art) Anwendung finden, die den Paragrafen des ArbNErfG entsprechen. Wird die konsequente Anwendung solcher Regelungen in den Unternehmen kombiniert und koordiniert mit einem qualifizierten Wissensmanagement in Franchisesystemen, können alle ihnen angehörenden Unternehmen und die in ihnen mitarbeitenden Arbeitnehmer davon spürbar profitieren.

Die „immaterielle Bilanz“

Ein qualifiziertes Wissensmanagement kann es Franchisesystemen und den angeschlossenen Unternehmen u. U. wesentlich erleichtern, ihre Finanzierung durch Dritte zu sichern.

Ihnen ist zu empfehlen, eine „immaterielle Bilanz“ zu erstellen, in der die immateriellen Werte und Ressourcen des jeweiligen Unternehmens eingestellt sind, wie Marken und andere Schutzrechte. Im Falle eines qualifizierten Wissensmanagements sind auch dessen Merkmale und Funktionen in diese Bilanz einzustellen. Soweit das gemanagte Wissen wettbewerbsrelevant und erfolgskritisch ist und zusätzlich wirksamen rechtlichen Schutz genießt und überdies in einer Weise gemanagt wird, dass es die Wettbewerbsstärke des Unternehmens und seinen Wert bedeutsam mehrt, wird es finanzierende und/oder beteiligungswillige Stakeholder geneigt machen, das Franchisesystem zu unterstützen.

Optimieren und absichern

Ein schutzrechtsorientiertes Wissensmanagement in Franchisesystemen ist vorteilhaft und tut von daher not. Es kann aufbauen auf zahlreichen greifbaren Veröffentlichungen zum Wissensmanagement. Darüber hinaus ist die Brücke zum IP-Management zu schlagen. Auch hierzu werden Veröffentlichungen und Seminare angeboten.

Entscheidend ist, das zweidimensionale Ziel anzustreben und zu erreichen: Das Wissensmanagement in Franchisesystemen zu optimieren und die dabei ablaufenden Prozesse und generierten Resultate bestmöglich rechtlich abzusichern.

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