Schwarze Schafe erkennen: Kontrollieren ohne zu Frustrieren

igenda FACHMAGAZIN
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12.12.2014

Am Jahresende zieht der Einzelhandel wieder Bilanz und stellt wie jedes Jahr große Differenzen fest – es fehlt etwas. Schwarze Schafe unter den Mitarbeitenden des Groß -und Einzelhandels werden oft zu spät erkannt. Der Umgang mit dem Geld und der Ware birgt Risiken.

Das Problem wird deutlich, wenn jährlich im deutschen Handel über circa vier Milliarden Euro Inventurdifferenzen berichtet wird. Zusätzlich werden für Maßnahmen zur Diebstahl­prävention 1,3 Milliarden Euro ausgegeben. Im Mittelwert ist das insgesamt ca. ein Prozent in Relation zum Nettoumsatz. Gemessen an dem Betriebsergebnis, kann dieser Anteil mehr als 50 % Rendite betragen.

Über die Anteile der Verursacher durch Mitarbeiter in der Logistik, den Kunden, den Mitarbeitern liegen nur Schätzungen vor. Weil die Auf­deckungsquoten unter fünf Prozent liegen, sind nach den Einschätzungen der befragten Einzelhändler die Mitarbeiter zu einem Viertel und den Tätern zu vermuten. Die zufälligen Überführungen auf frischer Tat oder auf Grund der Spurensuche der Revision- und Sicherheitsexperten ergeben häufig traurige Ergebnisse, weil es sich auch um Mitarbeiter handelt von denen „man es nicht vermutet“ oder die langjährig im Unternehmen beschäftigt sind.

Die Analyse der Daten und Fakten und eine daraus abgeleitete Risikobewertung ist eine schlüssige Grundlage für die zuverlässige Schätzung der Anteile der Verursacher. Fehlplanungen bei der Budgetierung der Diebstahlprävention kosten viel Zeit und Geld.

Durch vorbeugende Maßnahmen und gelebten Werten kann eine Balance zu den notwendigen Kontrollen gefunden werden. Sofern die Analysen zu einem begründeten Verdacht von Mitarbeiterdelikten führen, sollten Einschätzungen der Rechtslagen nicht ohne einen Fachanwalt für Arbeitsrecht erfolgen.

Im Soll–Ist Vergleich der Inventurdaten kann die Filterung der Abweichungen für die gesteuerten Inventuren erfolgen. Durch eine kurzfristige Kontrolle der Bestände im Warenwirtschaftssystem und der Ware im Verkauf und Lager kann ein Mehrfachnutzen zu mehr Umsatz durch weniger Inventurdifferenzen führen.

Ausgehend von der These, dass mit zehn bis zwanzig Prozent der Artikel über achtzig Prozent der Differenzen entstehen, ist nicht nur die Spurensuche erleichtert sondern der Weg für gesteuerte Inventuren aufgezeichnet.

Mit der Hilfe eines externen Inventurservice können mit gesteuerten Inventuren über das gesamte Geschäftsjahr fundierte Maßnahmen zur Vorbeugung und Aufdeckung der Inven­turdifferenzen getroffen werden. Dabei führen die Kontrollen über die Warenbestände zu einer Verbesserung der Warenpräsenz und Inventurdifferenzreduzierung. Hierdurch entstehen Umsatz- und einer Imageverbesserungen für den Einzelhandel und den Lieferanten der Markenartikel.

Mit der Stichprobeninventur kann somit der Anteil der im Soll- und Ist Bestand übereinstimmenden Artikel mit weitaus weniger Aufwand gezählt werden. Durch Stichprobeninventur in der Cloud können die Inventurkosten drastisch reduziert werden und der Fokus auf die Bestandsabweichungen gesetzt werden. Auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter kann durch die Reduzierung des Arbeitsaufwandes gefördert werden. Sofern einzelnen Warengruppen oder einzelne Artikel mit erheblichen Abweichungen im Bestand festgestellt werden, sollte in Kooperation mit den Herstellern oder Lieferanten die Spurensuche aufgenommen werden.

Experten können die auffälligen Verkäufe auf Internetplattformen und die Schattenwirtschaft aufdecken. Durch ein gemeinsames Interesse der Einzelhändler an einem Monitoring der Auktionsplattform eBay- und der Analyse von Ermittlungsergebnissen können insbesondere bei Markenartikeln die Straftaten aufgedeckt werden.

Durch die Einschätzung und Bewertung der Sach-/Rechtslage kann auch beantwortet werden, ob ein hinreichender Verdacht für weitergehende Ermittlungen gegeben ist. Fallweise wird beurteilt, ob der Einsatz von einer Videoüberwachung zulässig ist und unter welchen Voraussetzungen dies durchgeführt werden darf. Auf der Grundlage dieser Prüfungsergebnisse können die Prozesse und Datentransaktionen geprüft werden. Wenn aus den aktuellen Daten und Fakten der Anfangsverdacht für dolose Handlungen zu erkennen ist und diese rechtsanwaltlich bestätigt werden, können auch die Daten und Vorgänge der Vergangenheit geprüft werden, um begründete Verdachtsmomente gegen Mitarbeitende und/oder fremde Dritte zu belegen.

Die Vertrauensschadenversicherungen bieten die Möglichkeit, bestimmte Risiken abzusichern. Welche Gefahren abgesichert sein sollten und was wirtschaftlich ist, sollte in den vertrauensbildenden Prozess einbezogen werden. Unabhängig von der Einbeziehung einer Versicherungsgesellschaft sollten die Mitarbeitervertretungen bereits im Vorfeld über die vorgenannten Prüfungen informiert werden. Die strategischen Entscheidungen über Prüfungsbreite und -tiefe sollten immer rechtskonform erfolgen.

Eine Verfahrensbeschreibung zur Vorbeugung und Aufdeckung doloser und deliktischer Handlungen durch die Mitarbeitenden kann das Vertrauen in die Integrität der Finanzberichte bei Banken, Investoren, Behörden, Aufsichtsräten und der allgemeinen Öffentlichkeit stärken. Beratungen zur Unternehmenssicherheit werden unter bestimmten Vorrausetzungen gefördert, siehe dazu auch im Internet: ea.beratungsfoerderung.net.

Alle Mitarbeiter sollten mit ins Boot genommen werden, wenn es darum geht die Inventurdifferenzen zu reduzieren und die Kundenzufriedenheit zu steigern. Mit Kombinationstestkäufen kann die Servicequalität und Aufmerksamkeit der Mitarbeiter verbessert werden. Motivierte, aufmerksame und geschulte Mitarbeiter sind eine wirkungsvolle Maßnahme zur Verhinderung und Aufdeckung des Ladendiebstahls.

Zu einer deutlichen Zeichensetzung gehört der Hinweis auf Sanktionen. Das bedeutet, dass am Eingang ein Piktogramm ankündigt, dass jeder überführte Ladendieb eine Vertragsstrafe von z.B. 100 Euro zahlen muss und angezeigt wird. Es kommt bei der Sicherung von Geld und Ware darauf an, dass alle Führungskräfte wissen, was im Einzelhandel gegen Ladendiebstahl und Betrug durch Kunden, Mitarbeitende und Lieferanten wirkungsvoll und rechtskonform ist.

Die Balance zwischen Vertrauen und Misstrauen ist bei allen aufgeführten rechtskonformen Maßnahmen entscheidend für den Gesamterfolg.

FORSYSTEMS: Gibt es Cloud-Lösungen zur Stichprobeninventur?
Sendatzki: Viele produzierende Unternehmen nutzen heutzutage bereits die Stichprobeninventur und sparen jährlich bis zu 95 % ihrer Inventurkosten ein. Im Groß- und Einzelhandel wird diese Rationalisierungsmethode allerdings nur selten eingesetzt. Sinn des Verfahrens ist es, aus einer vorliegenden Bestandsbuchführung wenige, repräsentative Positionen zu überprüfen und anschließend mit Hilfe anerkannter mathematisch–statistischer Verfahren die Ordnungsmäßigkeit der Bestandsbuchführung zu bestätigen. Grundsätzlich sollte der Unternehmen allerdings „sensitive“ Bestände mehrmals jährlich überprüfen und durch entsprechende Maßnahmen dessen Bestandsgenauigkeit sicherstellen. Für die übrigen Artikel bietet sich allerdings die Inventarisierung mit Hilfe der Stichprobeninventur an.
Es gibt Softwarelösungen, die die Durchführung der Stichprobeninventur auf einfachem Wege nach dem Prinzip des „Cloud-Computing“ ermöglichen. Programm und Software sind auf den Servern des Diensteanbieters gespeichert. Der Anwender greift bei Bedarf über eine gesicherte Internetleitung hierauf zu und führt die Stichprobeninventur selbständig durch.

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