Besonderheiten des Franchise-Rechts in Österreich: Prof. Dr. Flohr beschreibt die Problematik
Viele in Deutschland erfolgreiche Franchisesysteme möchten nach Österreich expandieren. Prof. Flohr analysiert für forSYSTEMS die Rechtslage in Deutschland und Österreich, weist auf Fallstricke hin und gibt Tipps zur Erstellung korrekter Franchise-Verträge bei der Expansion nach Österreich.
„Identische Mentalität und identische Sprache“ – so wird immer argumentiert, wenn Franchise-Systeme meinen, die Expansion des in Deutschland erfolgreichen Franchise-Systems nach Österreich sei unproblematisch möglich. Unterstützt wird diese Überlegung auch noch dadurch, dass Österreich Mitglied der EU ist und insofern die maßgebliche Vorschrift für die Gestaltung von Franchise-Verträgen, nämlich die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vertriebsbindungen (EU-VO 330/2010) gleichermaßen in Deutschland und in Österreich unmittelbar geltendes Recht ist. Damit liegt die Vermutung nahe, dass für die Gestaltung von Franchise-Verträgen in Österreich ein identischer Rechtsrahmen besteht und insofern das deutsche Franchise-Vertragsmuster unverändert dem Abschluss von Franchise-Verträgen mit in Österreich tätigen Franchise-Nehmern zugrundegelegt werden kann.
Dies erweist sich in der Regel als eine unzutreffende Schlussfolgerung; das Vertragsmuster eines in Deutschland tätigen Franchise-Systems kann nicht 1:1 den Vertragsabschlüssen mit den in Österreich tätigen Franchise-Nehmern zugrundegelegt werden; Werbe- und Marketingkonzepte aus Deutschland können nicht ohne weitere Prüfung in Österreich eingesetzt werden und auch das Franchise-Handbuch, welches das Know-how des Franchise-Systems dokumentiert und auch auf die in Österreich tätigen Franchise-Nehmer zu transferieren ist, bedarf der Anpassung, da in zahlreichen Berufen (z.B. Makler/Unternehmensberater) ganz andere Zugangsvoraussetzungen gelten als in Deutschland. Entsprechendes gilt auch für die öffentlich rechtlichen Vorschriften, die von Franchise-Nehmern in Österreich zu beachten sind, insbesondere die der österreichischen Gewerbeordnung aber auch die Vorschriften des österreichischen gewerblichen Mietrechts.
Dies alles zeigt, dass der Schritt, ein Franchise-System von Deutschland aus nach Österreich zu expandieren in rechtlicher Hinsicht „wohl abgewogen“ werden muss.
Unterschiede bei der vorvertraglichen Aufklärung
Diese Abwägung und gebotene differenzierte Betrachtung beginnt schon mit der vorvertraglichen Aufklärung vor Abschluss eines Franchise-Vertrages. Auch hier wird vermeintlich von einer Identität der Anforderungen ausgegangen, da sowohl der Ehrenkodex des Deutschen als auch des Österreichischen Franchise-Verbandes davon spricht, dass ein Franchise-Nehmer „richtig und vollständig“ über das Franchise-System zu belehren ist, damit auf dieser Grundlage der Franchise-Nehmer-Interessent seine Entscheidung treffen kann, den verhandelten Franchise-Vertrag abzuschließen.
Die Praxis der gerichtlichen Entscheidungen zeigt, dass sehr wohl grundsätzliche Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich bestehen.
Rechtsprechung in Deutschland
Die Rechtsprechung zur vorvertraglichen Aufklärung in Deutschland wird geprägt von einer ständigen Pendelbewegung zwischen einem verstärkten Franchise-Nehmer-Schutz auf der einen Seite und einer die unternehmerische Selbständigkeit und das wirtschaftliche Risiko eines Franchise-Nehmers betonende Rechtsprechung auf der anderen Seite. Derzeit steht in der Rechtsprechung wieder ein verstärkter Franchise-Nehmer-Schutz im Vordergrund:
- Den Franchise-Nehmer trifft mit Abschluss des Franchise-Vertrages grundsätzlich auch ein wirtschaftliches Risiko. Insofern obliegt dem Franchise-Nehmer die sog. „Eigenaufklärung“, d.h. er hat sich ebenfalls über das Franchise-System umfassend zu unterrichten und damit auch über die Möglichkeiten, welche Rentabilitätsaussichten innerhalb des Franchise-Systems im Allgemeinen und bezogen auf seinen Standort im Besonderen bestehen, ggf. auch durch Nachfragen beim Franchise-Geber oder anderen Franchise-Nehmern des Franchise-Systems.
- Der Franchise-Geber ist nicht Existenzgründungsberater eines Franchise-Nehmers. Insofern dürfen die Anforderungen an die vorvertragliche Aufklärung des Franchise-Gebers auch nicht überdehnt werden.
- Allerdings sind Franchise-Geber zukünftig wieder verpflichtet, Franchise-Nehmer über die Rentabilität des Franchise-Systems, und zwar sowohl über die Rentabilität des Franchise-Systems im Allgemeinen als auch die des geplanten Franchise-Outlets vor Ort, zu unterrichten. Dabei darf die Rentabilitätsberechnung nicht den Charakter einer Schätzung aufweisen, sondern muss auf einer sorgfältigen Untersuchung des Marktes bezogen auf den konkreten Standort beruhen, wobei, wenn im Rahmen der Rentabilitätsvorausschau Umsatzzahlen mitgeteilt werden, die Modellrechnung auf nachvollziehbaren und einem Vergleich mit anderen vergleichbaren Standorten des Franchise-Systems standhalten muss.
- Wird durch den Franchise-Nehmer in der gerichtlichen Auseinandersetzung substantiiert dargestellt, dass der Abschluss des Franchise-Vertrages auf unzureichende bzw. irreführende Informationen des Franchise-Gebers zurückgeht und er insoweit weder richtig noch vollständig über das Franchise-System und dessen Rentabilität unterrichtet worden ist, kommt es zu einer Beweislastumkehr. Dann trifft den Franchise-Geber die Verpflichtung, die Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit seiner vorvertraglichen wörtlichen Angaben und seines vorvertraglichen Zahlenwerkes substantiiert darzustellen.
- Basiert die Umsatzprognose des Franchise-Gebers nicht auf zutreffenden Daten, sondern auf bloßen Schätzungen und weist der Franchise-Geber den Franchise-Nehmer hierauf – auch ungefragt – nicht hin, so haftet er wegen der nicht erreichten Umsatzzahlen auf Schadenersatz.
Rechtsprechung in Österreich
Anders – aber nicht gänzlich anders – stellt sich die Rechtsprechung zur vorvertraglichen Aufklärung in Österreich dar. Die in Deutschland festzustellende Pendelwirkung zwischen Franchise-Nehmer-Schutz einerseits und Betonung der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Franchise-Nehmers andererseits ist in Österreich nicht festzustellen.
Maßgebend ist nach wie vor die Entscheidung des OGH vom 19. Januar 1989 (WBl. 1989, 131). Danach haftet ein Franchise-Geber für eine ausdrücklich unübersehbare Umsatzprognose, die sich später als falsch erweist, nur bei krass grober Fahrlässigkeit. Eine vertragliche Pflicht des Franchise-Gebers, vor Nennung von Umsatzzahlen „entsprechende Marktstudien“ zu erstellen, besteht in Österreich nicht. Nur wenn der Franchise-Geber den Franchise-Nehmer über den erzielbaren Umsatz arglistig oder auch nur fahrlässig in Irrtum geführt hat, kommt eine schadensersatzrechtliche Haftung des Franchise-Gebers in Betracht. Kennzeichnet der Franchise-Geber die Ziffern einer Rentabilitätsanalyse als unverbindliche Angaben, scheidet eine Haftung bis zur Grenze der krassen groben Fahrlässigkeit ebenso aus.
Anpassungen der vorvertraglichen Aufklärung für Österreich
Damit zeigt sich, dass die Anforderungen an die vorvertragliche Aufklärung vor Abschluss eines Franchise-Vertrages in Deutschland wesentlich höher sind als in Österreich. Entspricht also das Dokument des Franchise-Systems zur vorvertraglichen Aufklärung der in Deutschland geltenden Rechtsprechung, so kann dieses Dokument auch in Österreich Vertragsverhandlungen mit Franchise-Nehmern zugrundegelegt werden; aber: enthält das Dokument zur vorvertraglichen Aufklärung statistische Angaben zum Markt in Deutschland (Bevölkerungszahlen/Umsatzentwicklungen etc.), so ist es zwingend notwendig, diese Zahlen an den österreichischen Markt anzupassen. Keinesfalls können Vertragsgebiete in Österreich nach den Kriterien festgelegt werden, die in Deutschland gelten. Dies bedingt dann einer Abänderung des Dokumentes zur vorvertraglichen Aufklärung; einen Umstand, der des Öfteren schon von Franchise-Gebern bei der Expansion nach Österreich übersehen wurde.
Vereinheitlichung der Widerrufsbelehrung in Deutschland und Österreich
Bis zum 13. Juni 2014 waren unterschiedliche Regelungen des Verbraucherschutzrechtes beim Abschluss von Franchise-Verträgen in Deutschland bzw. Österreich anzuwenden.
Mit Umsetzung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie in Deutschland und Österreich ist die Rechtslage für die Widerrufsbelehrung gegenüber Verbrauchern innerhalb der EU vereinheitlicht worden. Zum 13. Juni 2014 sind die Umsetzungsgesetze sowohl in Deutschland als auch in Österreich in Kraft getreten. In beiden Ländern ist nun einheitlich eine Widerrufsbelehrung aufgrund des Musters entsprechend dem jeweiligen Umsetzungsgesetz vorzunehmen.
Hier haben sich also die Unterschiede aufgehoben. In Deutschland aber auch in Österreich gilt, das grundsätzlich eine Widerrufsfrist von 14 Tagen besteht. Entspricht die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Regelungen oder wird sie vergessen, so ist das Widerrufsrecht des Franchise-Nehmers spätestens ein Jahr und 14 Tage nach Abschluss des Franchise-Vertrages als verwirkt anzusehen. Auch für Österreich gilt damit genau wie für Deutschland: es gibt bei Franchise-Verträge keine unbefristete Widerrufbarkeit mehr. Dies dient in beiden Ländern der Rechtssicherheit.
Regelungen zum anwendbaren Recht in Franchise-Verträgen für Österreich sollten wohl überlegt sein
Geht es um die Frage des anwendbaren Rechts, so kann grundsätzlich auch dem Abschluss eines Franchise-Vertrages mit in Österreich tätigen Franchise-Nehmern die Geltung deutschen Rechts zugrundegelegt werden. Eine solche Rechtswahlklausel wird in Österreich anerkannt.
Entscheidet man sich aber dafür, dass auch der Franchise-Vertrag mit in Österreich tätigen Franchise-Nehmern dem deutschen Recht unterliegt, so muss aber – was oft vergessen wird – auch gleichzeitig ein Gerichtsstand in Deutschland vereinbart werden. Es macht dann wenig Sinn, einen Gerichtsstand in Österreich zu vereinbaren. Dies hätte nämlich dann zur Konsequenz, dass ein österreichischer Richter etwaige gerichtliche Streitigkeiten mit den in Österreich tätigen Franchise-Nehmern nach deutschem Recht beurteilen müsste.
Allerdings sollte man darauf achten, dass ggf. Regelungen im Franchise-Vertrag angepasst werden, die der Üblichkeit in Österreich entsprechen, wie etwa ein Anfechtungsverzicht oder die Möglichkeit, Franchise-Gebühren zu Indexieren. Auch kann die Vertragsstrafe festgelegt werden, da eine entsprechende § 307 I 1 BGB vergleichbare Vorschrift in Österreich nicht existiert, also die Vertragsstrafenregelung nicht der AGB-rechtlichen Prüfung – wie in Deutschland – unterliegt.
Wiederholt ist aber festzustellen, dass sich deswegen, unabhängig von rechtlichen Erwägungen – die Notwendigkeit zur Vereinbarung des Rechtes der Republik Österreich ergibt, weil Franchise-Nehmer nur dann bereit sind, den Franchise-Vertrag zu unterzeichnen, wenn dieser der Geltung österreichischen Rechts unterliegt. Begründet wird dies in der Regel damit, dass der jeweilige Franchise-Nehmer in Österreich tätig ist und damit auch einen Anspruch darauf hat, dass der Franchise-Vertrag dem österreichischen Recht unterliegt. Sollten die Franchise-Systeme in Österreich eine Niederlassung gründen, mit der die Franchise-Verträge abgeschlossen werden, sollte einer solchen Forderung auf jeden Fall nachgegeben werden, da dann der Franchise-Vertrag zwischen zwei österreichischen Unternehmen abgeschlossen wird, ansonsten muss jedes Franchise-System für sich entscheiden, ob es einem Franchise-Nehmer entgegenkommt und deswegen die Geltung österreichischen Rechts vereinbart. Eine rechtlich zwingende Verpflichtung dazu besteht nicht.
Kartellrechtliche Beurteilung des Franchisevertrages
Soweit es um wichtige Regelungen eines Franchise-Vertrages, wie
- Know-how-Transfer
- Wettbewerbsverbot
- Bezugsbindung
- Preispolitik
geht, gibt es keine Unterschiede zwischen dem deutschen und österreichischen Recht bzw. dem insoweit zu beachtenden Kartellrecht. Hier geht die Gestaltung des Franchise-Vertrages in Deutschland und Österreich auf die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vertriebsbindungen (EU-VO 330/2010) zurück. Diese Gruppenfreistellungsverordnung ist sowohl in Deutschland als auch in Österreich unmittelbar geltendes Recht. Dies bedeutet, dass in Österreich – genau wie in Deutschland –
- Preisbindungen des Franchise-Nehmers unzulässig sind;
- die Bezugsbindung eines Franchise-Nehmers max. 80 % betragen sollte;
- ein vertragliches Wettbewerbsverbot dann vereinbart werden kann, wenn die Erstlaufzeit des Franchise-Vertrages nicht länger als fünf Jahre beträgt.
Auch die Entscheidungen des Bundeskartellamtes und der österreichischen Wettbewerbsbehörde zu der Frage, wann eine unzulässige vertikale Preisbindung innerhalb eines Franchise-Systems vorliege, sind deckungsgleich. Die Grundsätze der Scout-Entscheidung des BGH vom 06. November 2012 (ZVertriebsR 2013, 162 m. Anm. Metzlaff) gelten in gleicher Weise für Österreich, d.h. auch in Österreich ist es bei unverbindlichen Verkaufspreisempfehlungen kartellrechtswidrig, anschließend wegen der Preispolitik eines Franchise-Nehmers nach zu telefonieren, um diesen möglicherweise zu einer Anpassung seiner Preise zu bewegen, oder aber Druck auf einen Franchise-Nehmer auszuüben, wenn dieser nicht die unverbindlichen Verkaufspreisempfehlungen beachtet bis hin zur unzulässigen Androhung einer Liefersperre oder sogar deren Umsetzung.
Kartellrechtlich ergibt sich demgemäß für die Beurteilung eines Franchise-Vertrages in Deutschland und Österreich keine unterschiedliche Rechtslage.
Keine grundsätzlichen Unterschiede bei der fristlosen Kündigung des Franchise-Vertrages
Auch für die immer wieder bei Franchise-Systemen angesprochene Frage einer etwaigen fristlosen Kündigung eines Franchise-Vertrages gibt es keine grundsätzlichen Unterschiede. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die fristlose Kündigung eines Franchise-Vertrages, der als Dauerschuldverhältnis einzustufen ist, seit dem 01. Januar 2002 in Deutschland in § 314 BGB geregelt ist, während das Recht zur fristlosen Kündigung eines Franchise-Vertrages in Österreich (wie früher in Deutschland) von der Rechtsprechung anerkannt ist. Eine entsprechende gesetzliche Regelung besteht nicht.
Soweit es um die Beurteilung eines wichtigen Grundes geht, gibt es keinen Unterschied. Sowohl nach deutschem als auch nach österreichischem Recht liegt dann ein wichtiger, zur fristlosen Kündigung des Franchise-Vertrages berechtigender Grund vor, wenn das Vertrauensverhältnis durch einen Umstand, den der Franchise-Nehmer zu vertreten hat, so nachhaltig gestört ist, dass eine Fortsetzung des Franchise-Vertrages bis zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung oder bis zum Zeitpunkt der vertraglich vereinbarten Festlaufzeit nicht in Betracht kommt. In der Umkehrung gilt dies auch, wenn ein Franchise-Nehmer eine fristlose Kündigung des abgeschlossenen Franchise-Vertrages gegenüber dem Franchise-Geber aussprechen will.
Die Ansprüche bei Beendigung eines Franchise-Vertrages: Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich
Unterschiede ergeben sich allerdings dann, wenn es um die rechtliche Beurteilung der Ansprüche geht, die von einem Franchise-Nehmer bei Beendigung eines Franchise-Vertrages geltend gemacht werden können und damit
- den Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen (in Österreich Abfertigungsanspruch) bzw.
- den sog. Investitionserstattungsanspruch
Ausgleichsanspruch bzw. Abfertigungsanspruch
In Österreich ist der Investitionserstattungsanspruch anerkannt, d.h. ein Anspruch des Franchise-Nehmers auf einen angemessenen Ausgleich (Abfertigung) gem. § 24 I HVertrG.
Anders sieht es in Deutschland aus. Hier ist nach wie vor umstritten, ob einem Franchise-Nehmer bei Beendigung des Franchise-Vertrages ein Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen analog § 89b HGB zusteht. Aufgrund der Entscheidung des BGH vom 29. April 2010 (ZVertriebsR 2012, 54 – JOOP!) dürfte eher davon auszugehen sein, dass ein solcher Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen nicht besteht, insbesondere dann, wenn der Franchise-Nehmer nicht vom Franchise-Geber hergestellte Waren vertreibt. Dann fehlt es nämlich an der für einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB notwendigen Eingliederung des Franchise-Nehmers in das Unternehmen des Franchise-Gebers. In vielen Fällen bedeutet dies, dass bei Dienstleistungs-Franchise-Systemen (z.B. Fensterreinigung/Makler/Nachhilfe) lediglich die Leistungen unter der Marke des Systems erbracht, nicht aber vom Franchise-Geber hergestellte Produkte vertrieben werden, sodass insofern ein Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB nicht zu bejahen ist. Nach wie vor wird man also in Deutschland für jedes einzelne System gesondert zu prüfen haben, ob einem Franchise-Nehmer ein Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen zusteht.
Insofern spricht vieles dafür, es auch beim Abschluss von Franchise-Verträgen mit in Österreich tätigen Franchise-Nehmern bei der Geltung deutschen Rechts zu belassen, um so nicht gegebenenfalls einen Ausgleichsanspruch nach Handelsvertretergrundsätzen leisten zu müssen.
Investitionserstattungsanspruch
Gänzlich anders sieht es beim Investitionserstattungsanspruch aus. Dieser ist nach deutschem Recht nicht anerkannt. Nur in Ausnahmefällen kann sich aus nicht amortisierten Investitionen des Franchise-Nehmers bei Beendigung des Franchise-Vertrages nach § 242 BGB ein Kündigungsschutz ergeben, d.h. die Möglichkeit, eine Verlängerung des Franchise-Vertrages so lange zu verlangen, bis sich die Investitionen amortisiert haben.
Gänzlich anders stellt sich die Rechtslage in Österreich dar. Hier besteht seit dem 01. August 2003 eine zwingende gesetzliche Grundlage für den Investitionsersatz des Franchise-Nehmers gem. § 454 UGB. In den Materialien zum Gesetz wird ausdrücklich Franchising als ein Vertriebssystem i.S.d. § 454 UGB erwähnt. Danach hat ein Franchise-Nehmer als gebundener Unternehmer bei Beendigung des Franchise-Vertrages gegenüber dem Franchise-Geber einen Anspruch auf Erstattung von Investitionen, die er auf Veranlassung des Franchise-Gebers getätigt hat, die sich aber bei Vertragsbeendigung weder amortisiert haben noch angemessen anderweitig verwertbar sind.
Ausgeschlossen ist der Investitionserstattungsanspruch, wenn die in § 454 II UGB aufgezählten Tatbestände erfüllt sind: danach besteht kein Anspruch, wenn der Grund für die Beendigung des Franchise-Vertrages in der Sphäre des Franchise-Nehmers liegt oder der Franchise-Vertrag auf einen Dritten übertragen wurde.
Ein vertraglicher Ausschluss des Investitionserstattungsanspruchs im abgeschlossenen Franchise-Vertrag vor Vertragsbeendigung ist nicht möglich. Erst nach Beendigung des Franchise-Vertrages können Verhandlungen mit dem Franchise-Nehmer darüber aufgenommen werden, ob wegen der besonderen Situation auf den Ausgleichsanspruch verzichtet werden kann.
Da es sich um eine zwingende gesetzliche Regelung handelt, wird auch allgemein davon ausgegangen, dass ein solcher Investitionserstattungsanspruch eines in Österreich tätigen Franchise-Nehmers eines deutschen Franchise-Systems auch dann besteht, wenn der Franchise-Vertrag als solcher der Geltung deutschen Rechts unterstellt ist. Abschließend entschieden ist diese Frage aber noch nicht.
Fazit
Zieht man ein Resümee, so zeigt sich, dass viele Rechtsfragen identisch sind, in Einzelfragen aber erhebliche Unterschiede zwischen dem deutschen und österreichischen Recht bestehen. Jedes Franchise-System sollte sich daher sorgfältig mit diesen Rechtsfragen befassen, bevor zum einen die Entscheidung getroffen wird, mit dem Franchise-System nach Österreich zu expandieren bzw. zum anderen dem Franchise-Vertragsmuster mit in Österreich tätigen Franchise-Nehmern nicht die Geltung deutschen, sondern österreichischen Rechts zugrunde zu legen.