Systeme aufgepasst: Rentenversicherung für Franchisenehmer!
Gerichte bestätigen eine besondere wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit von Solo-Franchisenehmern ohne Angestellte.
Die Scheinselbstständigkeit bzw. Rentenversicherungspflicht von sog. „Soloselbstständigen-Franchisenehmern“, also solchen Franchisenehmern, die ihr Franchiseoutlet allein und nicht mit Hilfe von Mitarbeitern betreiben, ist dem Grunde nach Gegenstand von Diskussion seit dem Erlass des Korrekturgesetzes im Dezember 1998. Mit diesem Korrekturgesetz wurde ein Kriterienkatalog in § 7 IV SGB IV eingefügt, anhand dessen die Selbstständigkeit nicht nur eines Soloselbstständigen Franchisenehmers, sondern für Absatzmittler insgesamt festgestellt werden konnte. Diese Diskussion gehört seit dem Erlass des 2. Gesetzes für moderne Dienstleistungen im Arbeitsmarkt vom Dezember 2002 zwar endgültig der Vergangenheit an, geblieben ist jedoch die Diskussion um die Rentenversicherungspflicht von solchen „Soloselbstständigen“ Franchisenehmern gem. § 2 Nr. 9 SGB VI.
Denn gemäß dieses Paragraphen unterliegen selbstständige Personen der Rentenversicherungspflicht, „ ... wenn sie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind“ und „im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt im Monat EUR 450,00 übersteigt.“
Wer ist Auftraggeber des Franchisenehmers?
Vor dem Hintergrund dieser Regelung war und ist es immer wieder streitig, ob Franchisenehmer, die als solche sog. Soloselbstständige tätig sind, der Rentenversicherungspflicht i.S.v. § 2 Nr. 9 SGB VI unterliegen. Teilweise wurde dies verneint mit dem Hinweis, dass Auftraggeber eines Franchisenehmers nicht dessen Franchisegeber sei, sondern die zahlreichen Endkunden, die vom Franchisenehmer mit Waren des Franchisesystems beliefert werden bzw. Dienstleistungen des Franchisenehmers in Anspruch nehmen. Dem gegenüber vertrat der Deutsche Rentenversicherung BUND schon immer die Ansicht, dass der Franchisegeber als Auftraggeber des Franchisenehmers anzusehen ist, da dieser dessen Geschäftskonzept an seinem Point of Sale als Beauftragter umsetze.
Diese – sozialversicherungsrechtliche – Auslegung des Auftragsbegriffes ist dann auch durch ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichtes vom 04.11.2009 festgestellt worden. Dort heißt es in den Entscheidungsgründen:
„Im Rahmen eines solchen Vertriebs- oder Franchisesystems, bei dem der Franchisenehmer für den Franchisegeber tätig ist, seinerseits aber selbstständig ist, ist der Franchisegeber in der Regel der einzige Auftraggeber. Der Franchisenehmer ist vom Franchisegeber wirtschaftlich abhängig. Damit liegt genau die Situation vor, die für die Versicherungspflicht der Selbstständigkeit vorausgesetzt wird. Die Versicherungspflicht entfällt nur dann, wenn der Franchisenehmer selbst wiederum zumindest einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt.“
Urteil stellt Grundsätze auf
Diese Rechtsprechung ist in diesem Jahr durch ein Urteil des Bayrischen Landessozialgerichtes vom nicht nur bestätigt worden, sondern es wurden Grundsätze aufgestellt, die zukünftig dazu führen werden, dass als Soloselbstständige tätige Franchisenehmer noch eher als bisher einer Rentenversicherungspflicht gem. § 2 Nr. 9 SGB VI unterliegen. Gerade wegen dieser neuen Grundsätze ist diese Entscheidung für Franchisenehmer, die als Soloselbstständige tätig sind, von grundsätzlicher Bedeutung und damit auch für die Franchisesysteme, bei denen die Franchisenehmer das Franchiseoutlet als Soloselbstständige betreiben. Insofern ist diesen Franchisesystemen erneut zu empfehlen, sich mit der Rentenversicherungspflicht ihrer Franchisenehmer – auch im Hinblick auf die vorvertragliche Aufklärung im Rahmen der Vertragsverhandlungen um den Abschluss eines Franchisevertrages – zu befassen.
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 04.11.2009 wurde bislang davon ausgegangen, dass es auf die konkrete Schutzbedürftigkeit des Franchisenehmers im Einzelfall ankommt, d.h. ob die Regelungen des Franchisevertrages so ausgestaltet sind, dass der Franchisenehmer wie ein abhängig Tätiger eines wirtschaftlichen Schutzes bedarf. Nach der Entscheidung des Bayrischen Landessozialgerichtes sind bereits Soloselbstständige, die keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, typischerweise nicht in der Lage, so erhebliche Gewinne zu erzielen, dass diese sich außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung absichern können. Insofern geht das Bayrische Landessozialgericht in einer typisierenden Betrachtungsweise davon aus, dass eine soziale Schutzbedürftigkeit eines solchen als Soloselbstständigen tätigen Franchisenehmers bereits aus diesem Grunde gegeben ist, ohne dass es auf dessen konkrete wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit ankommt. Entscheidend ist damit für das Bayrische Landessozialgericht für die Begründung einer Rentenversicherungspflicht eines Soloselbstständigen Franchisenehmers im Sinne des § 2 Nr. 9 SGB VI, dass dieser „faktisch wirtschaftlich“ von einem Auftraggeber „abhängig“ ist.
Besondere „wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit“
Das Bayrische Landessozialgericht geht in seinem Urteil auch deswegen von einer wirtschaftlichen Schutzbedürftigkeit aus, weil der betroffene Makler wirtschaftlich von einem sogenannten „Maklerpool“ abhängig war. Daraus leitete das Bayrische Landessozialgericht ab, dass betroffene Makler erst aus dieser Zugehörigkeit seine Marktposition ableite und dadurch besser gestellt sei als ein. „singulärer Makler“.
Gerade diese Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils des Bayrischen Landessozialgerichtes sind aber für solche Franchisesysteme von grundsätzlicher Bedeutung, bei denen die Franchisenehmer, die als Soloselbstständige tätig sind und die Dienstleistungen des Franchisesystems anbieten, neben dem Franchisevertrag einen sog. Dienstleistungsvertrag unterzeichnen, mit der ihnen der Franchisegeber entweder unmittelbar oder über eine von diesem gegründete Servicegesellschaft sämtliche organisatorische Fragen seiner Franchisenehmer-Tätigkeit abnimmt, bis hin Rechnungsfakturierung gegenüber Endverbrauchern. Bei solchen Soloselbstständigen wird man demgemäß zu überdenken haben, welche Tätigkeiten ein Franchisenehmer durch den Abschluss eines Dienstleistungsvertrages gegenüber der entsprechenden Servicegesellschaft des Franchisegebers delegieren kann. Führt diese Delegation von unternehmerischen Rechten und Pflichten soweit, dass der Soloselbstständige nicht nur über einen eigenen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verfügt, so unterliegt dieser der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Nr. 9 SGB VI, auch wenn nach dem abgeschlossenen Franchisevertrag dem Franchisegeber kein Weisungsrecht zusteht und der Franchisenehmer seine Arbeitszeit frei bestimmen kann. Mit der Entscheidung des Bayrischen Landessozialgerichtes wird damit konsequent die Rechtsprechung fortgesetzt, Franchisenehmer, die als Soloselbstständige tätig sind, gem. § 2 Nr. 9 SGB VI in die gesetzliche Sozialversicherung einzubeziehen.
Entgegenwirken können solche Franchisenehmer dieser Rentenversicherungspflicht nur dann, indem diese entweder einen oder mehrere Mitarbeiter beschäftigen, die monatlich mehr als EUR 450,00 Vergütung erhalten, wobei dann diese Arbeitsverhältnisse auch tatsächlich umgesetzt werden müssen. Insoweit werden an den Nachweis solcher Arbeitsverhältnisse durch die Deutsche Rentenversicherung BUND strenge Anforderungen gestellt, die vergleichbar sind mit den Anforderungen, die die Finanzverwaltung an die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses unter Ehegatten oder mit Familienangehörigen stellt, d.h. der Vertrag muss einem sog. „Fremdvergleich“ standhalten.